Wahlparty der Grünen: Grüne nur viertstärkste Kraft

Die Grünen freuen sich erst über das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte der Berliner Partei – doch im Laufe des Abends fallen sie hinter die Linkspartei zurück.

Zu Beginn des Abends freuen sich Antje Kapek und Daniel Wesener aus dem Spitzenteam noch Foto: dpa

Dann ist es so weit. Bei der Wahlparty der Grünen im E-Werk in der Wilhelmstraße flimmern die Zahlen über die Leinwand, lauter Applaus brandet auf. 16,5 Prozent soll die Partei der ersten Prognose zufolge geholt haben. Fraktionschefin Ramona Pop und Parteichef Daniel Wesener fallen sich um den Hals. Wenig später jubeln die Menschen im Saal, darunter Spitzengrüne aus dem Bund wie Cem Özdemir, Anton Hofreiter und Simone Peter, erneut. „Rot-Schwarz verliert seine Mehrheit …“, sagt der Sprecher im Fernsehen, der Rest geht im Gejohle unter.

16,5 Prozent wäre ein ordentliches Ergebnis, das zweitbeste in der Geschichte der Partei in Berlin. Allerdings gibt es auch keinen Grund für allzu große Euphorie: In der letzten Abgeordnetenhauswahl 2011 holten die Grünen noch 17,6 Prozent.

Im Laufe des Abends sinken die Zahlen weiter ab: Bei der ARD-Hochrechnung von kurz vor 21 Uhr liegt die Partei nur noch bei 15,3 Prozent – hinter der Linkspartei mit 15,6 Prozent.

Die Grünen warten nun, von der SPD zu Koalitionsgesprächen eingeladen zu werden, schließlich hatte sich SPD-Spitzenmann Michael Müller vor der Wahl für eine Koalition mit ihnen ausgesprochen. Für die Berliner Grünen wäre eine Regierungsbeteiligung eine kleine Revolution. Bislang saßen sie nur 1989/1990 im Senat – und das nur für rund anderthalb Jahre. Bei den letzten drei Wahlen boten sie sich den Sozialdemokraten als Koalitionspartner an – die sich aber zweimal für die Linkspartei und zuletzt für die CDU entschieden.

Das soll diesmal anders werden. Allzu leicht wollen es die Grünen der SPD aber auch nicht machen. „Wir können absolut mit Selbstbewusstsein zu jedem Gespräch gehen, das uns in den nächsten Tagen angeboten wird“, ruft Antje Kapek in den Saal.

Für eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus fehlt aber ein dritter Partner. Dass die Linkspartei mit den Grünen in der ersten Prognose gleichauf liegt, lässt manch einen im E-Werk schlucken. Von den genauen Zahlen hängt auch ab, wer in einer Koalition von SPD, Grünen und Linkspartei als zweitstärkste Kraft auftreten kann. Die SPD lade zu Gesprächen ein, sagt Antje Kapek. „Ich welcher Reihenfolge entscheidet die SPD.“

Bei der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus hatten die Grünen Renate Künast als Spitzenkandidatin ins Rennen geschickt. Es war das beste Wahlergebnis in der Geschichte der Grünen in Berlin und wurde doch als Niederlage wahrgenommen. Nach der Wahl zerlegte sich der Landesverband fast in den linken und rechten Flügel. Bis heute gibt es tiefe Gräben zwischen den Lagern.

Auch um des Friedens willen setzten die Grünen 2016 nicht auf eine Person an der Spitze, sondern auf ein Viererteam aus den beiden Fraktionschefinnen und den beiden Landesvorsitzenden – und holten ein schlechteres Ergebnis.

Renate Künast ist auch zur Party ins E-Werk gekommen. Sie verfolgt die Übertragungen mit einer Eistüte in der Hand, an der sie in alle Seelenruhe herumknabbert. Nach dem Motto: Es gibt für mich Wichtigeres auf der Welt.

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