Warnstreiks nicht nur bei der Lufthansa: Pünktlich zur Lufthansajahresbilanz

Verdi hat das Bodenpersonal der Lufthansa zum Warnstreik aufgerufen. In Hamburg und Frankfurt streikt am Donnerstag auch das Sicherheitspersonal.

Ein mann steht vor der Anzeigentafel in der Abflughalle des Münchner Flughafens

Am Donnerstag müssen sich Passagiere auf hunderte Flugausfälle und Verspätungen einrichten Foto: Matthias Balk/dpa

FRANKFURT AM MAIN dpa/taz | Mit erneuten Warnstreiks gleich mehrerer Berufsgruppen legt die Gewerkschaft Verdi an diesem Donnerstag wichtige Teile des deutschen Luftverkehrs lahm. Passagiere müssen sich auf hunderte Flugausfälle und Verspätungen einrichten. Neben dem Bodenpersonal der Lufthansa sind zusätzlich die Luftsicherheitskräfte in Frankfurt und Hamburg zur Arbeitsniederlegung aufgerufen.

Das hat zur Folge, dass an beiden Flughäfen am Donnerstag keine Passagiere zusteigen können, wie die Betreiber mitteilten. Zu ersten Flugausfällen sollte es bereits am Mittwochabend kommen, weil die technischen Abteilungen des Bodenpersonals schon früher in den Warnstreik treten sollen.

Mit den rund 19.000 Flug­be­glei­te­r:in­nen der Lufthansa und ihrer Tochter Cityline hat sich am Mittwoch eine weitere Berufsgruppe streikbereit gemacht. Die Kabinen-Gewerkschaft Ufo berichtete von einer überwältigenden Beteiligung an der Urabstimmung, bei der mehr als 96 Prozent für einen Arbeitskampf gestimmt hätten.

Einen Streiktermin nannte die Spartengewerkschaft aber noch nicht. Ein Streik sei weiterhin vermeidbar, meinte Ufo-Chef Joachim Vázquez Bürger. „Wir bleiben auch weiterhin offen für angemessene Angebote und faire Lösungen des Arbeitgebers, um Streiks möglicherweise noch kurzfristig abzuwenden.“

Lufthansa macht kräftigen Gewinn

Öffentliche Signale könnte Lufthansa-Chef Carsten Spohr senden, der an diesem Donnerstag in Frankfurt die Jahresbilanz des MDax-Konzerns präsentiert. Nach den bisherigen Ankündigungen hat sich Europas umsatzstärkster Luftverkehrskonzern vom Corona-Schock weiter erholt und wird mit rund 2,7 Milliarden Euro einen der höchsten operativen Gewinne seiner Geschichte ausweisen.

Es sei, so Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky, „niemanden vermittelbar, dass dieser Konzern diese Woche ein Rekordjahresergebnis verkünden wird, die Boni für Vorstände ordentlich anhebt und Beschäftigte am Boden mit Stundenlöhnen von teils 13 Euro nicht einmal mehr wissen, wie sie in den teuersten Städten Deutschlands über die Runden kommen sollen.“

Bereits am Dienstagabend hatte der Flughafen Hamburg wegen der fehlenden Sicherheitskontrollen alle 141 Abflüge für den Donnerstag gestrichen. Die Maschinen würden teilweise ohne Passagiere starten, teilte die Pressestelle des Helmut-Schmidt-Flughafens mit. Das sei notwendig, um weitere Störungen im Flugverkehr zu vermeiden.

Für Freitag erwartet der Airport viele Umbuchungen, sodass mit stark ausgelasteten Flügen zu rechnen sei. Wegen des parallelen Lok­füh­re­r:in­nen­streiks entfällt aber die Möglichkeit, zumindest auf Kurzstrecken auf die Bahn umzusteigen.

Frankfurter Flughafen rät, dem Airport fernzubleiben

Der Frankfurter Betreiber Fraport empfiehlt den Passagieren, Kontakt mit ihren Airlines aufzunehmen und auf keinen Fall zum Flughafen zu kommen. Ursprünglich waren am größten deutschen Flughafen für Donnerstag 1.170 Starts und Landungen mit rund 160.000 Passagieren an Bord geplant.

Welche Verbindungen ausfallen, sei Sache der jeweiligen Airline, sagte ein Flughafensprecher. Der Flughafenbetrieb werde aufrechterhalten, sodass Transitpassagiere weiterhin umsteigen könnten. Auch Ankünfte werden in Frankfurt möglich sein. Der größte Flughafen-Kunde Lufthansa, der mehr als zwei Drittel des Frankfurter Aufkommens bestreitet, wird allerdings auch am Folgetag Freitag bis Samstagmorgen um 7.10 Uhr vom eigenen Bodenpersonal bestreikt.

Für Donnerstag warnte die Airline ihre Kunden: „Die Sicherheitskontrollen außerhalb des Transitbereichs werden geschlossen sein. Ein Zugang zum Abflugbereich ist deshalb nicht möglich. Wir bitten deshalb alle Gäste, die am 7. März ihre Reise in Frankfurt oder Hamburg beginnen möchten, nicht an den jeweiligen Airport zu kommen.“

An anderen Flughäfen streiken die Kon­trol­leu­r:in­nen nicht. Die Beschäftigten sind bei Privatunternehmen angestellt, die im Auftrag der Bundespolizei Passagiere, Personal und Gepäck an den Zugängen zum Sicherheitsbereich kontrollieren.

In Bayern gehören die Luftsicherheitskräfte hingegen zum Öffentlichen Dienst. Der Flughafen München bleibt daher geöffnet, und Lufthansa versucht nach eigenen Angaben, 10 bis 20 Prozent ihres ursprünglichen Programms anzubieten. Der Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals beginnt in den Technikbereichen schon am Mittwochabend und soll bis Samstagmorgen um 7.10 Uhr fortgesetzt werden.

Gesamtes Bodenpersonal zum Warnstreik aufgerufen

Verdi hat das gesamte Bodenpersonal der Lufthansa mit rund 25.000 Leuten zum Warnstreik aufgerufen. Es ist bereits die fünfte Warnstreikwelle in dem Tarifkonflikt und die dritte mit direkten Auswirkungen auf die Passagiere. Die Gewerkschaft verlangt bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 12,5 Prozent mehr Geld, während das Unternehmen bei einer Laufzeit von 28 Monaten bislang 10 Prozent angeboten hat. Vergleichsweise unstrittig ist nach vier Verhandlungsrunden eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro.

Bei den Tarifverhandlungen der Luftsicherheit geht es um die Arbeitsbedingungen von rund 25.000 Mitarbeitern privater Sicherheitsdienstleister. In dem Tarifkonflikt sind bislang fünf Verhandlungsrunden ohne Ergebnis geblieben, bei einer ersten Warnstreikwelle an elf Flughäfen waren mehr als 1.100 Flüge ausgefallen.

Verdi fordert 2,80 Euro mehr Lohn pro Stunde, höhere Funktionszulagen und Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Die Arbeitgeber vom Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) haben nach eigenen Angaben 2,70 Euro in drei Stufen angeboten bei einer Laufzeit von 24 Monaten. „So kommen wir nicht zueinander“, kommentierte das Verdi-Verhandlungsführer Wolfgang Pieper. „Unser Ziel bleibt, den Kaufkraftverlust der Beschäftigten dauerhaft auszugleichen.“

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