Weniger Lebensmittel, größerer Andrang: Tafeln unter großem Druck

Mehr als zwei Millionen Menschen nutzten 2022 die Lebensmittelausgaben für Bedürftige. Das sind etwa 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

Mitarbeiterinnen einer Lebensmitteltafel

Haben mehr zu tun: Mitarbeiterinnen der Oberhausener Tafel sortieren Obst und Gemüse Foto: Roland Weihrauch/dpa

HANNOVER epd/taz | Die Tafeln in Deutschland hatten in 2022 einen enormen Zulauf. Deutlich mehr Menschen als im Vorjahr hätten die Lebensmittelausgaben für Bedürftige in Anspruch genommen, was diese vielerorts an ihr Limit gebracht habe, sagte der Bundesvorsitzende der Tafel Deutschland, Jochen Brühl. In dem Dachverband haben sich mehr als 960 Tafeln zusammengeschlossen.

„Dieses Jahr sind im bundesweiten Durchschnitt etwa 50 Prozent mehr Menschen zu den Tafeln gekommen als im Jahr zuvor“, sagte Bühl dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wir reden über etwa 2 Millionen Menschen, die zu den Tafeln kommen.“ Das habe die Tafeln an ihre Grenzen gebracht. „Zeitweise hatten in diesem Jahr rund 30 Prozent der Tafeln einen Aufnahmestopp“, so Bühl.

Mehr als 70 Prozent der Tafeln hätten zudem angegeben, dass sie weniger Lebensmittel zur Verfügung hatten. Auch das habe zu großen Belastungen für die Ehrenamtlichen geführt. Bühl forderte deshalb Unterstützung von der Politik auch für Helfende: „Man könnte zum Beispiel Ehrenamtlichen, die eine bestimmte Stundenzahl nachweisen können, ein Verkehrsticket umsonst geben für ihr Engagement.“ Es sei für ihn „ein Wunder und zugleich gelebte Solidarität, dass sich so viele Ehrenamtliche trotz eigener Betroffenheit von Preissteigerungen und steigenden Energiekosten für andere engagieren“.

Zugleich betonte Bühl: „Den Versorgungsauftrag hat der Staat.“ Die Tafeln in Deutschland würden nur unterstützend arbeiten. Das Problem sei jedoch: „Tafeln unterstützen manchmal nicht nur, sondern werden schon fest einkalkuliert.“ Das sei nie die Idee gewesen. „Wir sind mal angetreten, um Lebensmittel zu retten, die übrig sind, und diese an die Menschen weiterzugeben, die zu wenig haben“, sagte der Tafel-Chef.

Sorgenvoll blickt Bühl auf das nächste Jahr. Der Krieg in der Ukraine dauere an und es sei zu befürchten, dass deshalb weiter viele Menschen flüchten werden. Die Inflation sowie Energiekosten blieben vermutlich hoch. „Das trifft vor allem die Niedriglohngruppen“, sagte Bühl. So beobachte er schon jetzt, dass immer mehr Menschen zur Tafel kämen, die bisher knapp über die Runden gekommen seien, aber das nun nicht mehr schaffen würden.

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