Zuwanderung von Fachkräften: Heil-Fahrt nach Indien

Arbeitsminister Heil will für die Zuwanderung von Fachkräften von IT bis Pflege werben. Dafür trifft er die G20-Arbeitsminister*innen in Indore.

Zwei Menschen in medizinischer Schutzkleidung lehnen sich an eine Wand

Medizinisches Personal in Indien Foto: WireStock/imago

MÜNCHEN taz | Schon früh hatte Athulya Mathew von ihrer Tante gehört, die in Deutschland als Krankenschwester arbeitet. In ihrer Heimat Kerala an der indischen Südwestküste ist es nicht ungewöhnlich, dass Frauen nach besseren Verdienstmöglichkeiten im Ausland suchen. Mathew machte eine Ausbildung zur Krankenschwester in einer privaten Einrichtung; es dauerte nicht lange, bis sie ihren ersten Job bekam und dann ein Angebot im Ausland fand.

Doch trotz der Verbindung zu ihrer Tante sei der Neuanfang 2017 in Deutschland nicht leicht gewesen, sagt sie. Mit einem achtmonatigen Deutschkurs bereitete sie sich vor. Gleich mit der Ankunft wurde sie als Pflegehelferin angestellt. „Es hat über ein Jahr gedauert, bis ich als Krankenschwester anerkannt wurde“, sagt Mathew. Das bedeutete in der Zwischenzeit weniger Gehalt und noch einmal lernen.

Auch Pflegefachkräfte aus Indien

Rückblickend spricht Mathew von einer „guten Erfahrung“. Doch die Sprachbarriere machte ihr zu schaffen. Auch habe sie Rassismus am Arbeitsplatz erfahren, weshalb sie die Stelle wechselte. In einem multinationalen Team fühlte sie sich wohler als in der Provinz. Nach ihrer Heirat zog sie jedoch nach Sydney, da ihr Mann dort eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erhielt und sie für sich in Australien bessere Aufstiegsmöglichkeiten sah.

„Bessere Starthilfen und eine schnellere Anerkennung der indischen Ausbildung würden sehr helfen“, sagt auch Teena Xavier, ebenfalls aus Kerala, die in Deutschland in einer Klinik arbeitet. Sie ist wegen ihres Mannes nach Deutschland gezogen und kennt die Hürden. Einen besseren Einstieg in die Berufswelt hätten sich die beiden auch gewünscht.

Jetzt sollen auch indische Pflegekräfte in Deutschland reüssieren, seit das Anwerbeprogramm für Pflegekräfte „Triple Win“ auf Indien ausgeweitet wurde. Bisher kamen die Anwärter aus Bosnien und Herzegowina, Tunesien, Indonesien, Vietnam und den Philippinen.

Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) befinden sich 325 Personen im Bewerberbestand in Indien und 29 bereits in Deutschland, die durch das Paket weder Kosten für ihre Sprachkurse noch für Agenturen tragen müssen. Das Vermittlungsabkommen sei erwartungsgemäß gut angelaufen, so eine Sprecherin. Laut BMAS geht Triple Win von ca 1.000 Pflegekräften bis 2024 aus. Von 10.000 Jobmöglichkeiten für Pflegekräfte in Deutschland wurde in indischen Medien berichtet.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll Abhilfe schaffen

Die bürokratischen Hürden sind allerdings weiter hoch. Das beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll ab Ende 2023 Abhilfe schaffen. Mit Blick auf die kommenden Jahre, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Deutschland in Rente gehen, sei das auch dringend notwendig. Deshalb „müssten alle Register zur Arbeits- und Fachkräftesicherung gezogen werden“, so Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Das heißt auch qualifizierte Einwanderung.

Wie die Vorbereitungen dafür laufen, wird der Bundesminister in Kerala bei einem Besuch des Sprachenzentrums sehen. Mit Keralas Ministerpräsident Pinarayi Vijayan möchte Heil eine Absichtserklärung für die Fachkräftezuwanderung aus anderen Branchen unterzeichnen. Heil betonte, Indien sei ein wichtiger Partner für Deutschland. Deutschland unterstütze auch das Anliegen Indiens, im Rahmen der G20 ein Abkommen zur Fachkräftequalifizierung zu schließen. „So könnten wir langfristig zu einer länder­über­greifenden Vergleichbarkeit und Anerkennung von Qualifikationen kommen“, so Heil.

Es wird die erste Reise des Bundesarbeitsministers nach Indien. Höhepunkt wird das Treffen der G20-Arbeitsminister in Indore sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.