Private Kinderbetreuung als Job

In Berlin und München gibt es sie – in Bremen sind sie unerwünscht: Großtagespflegestellen von ErzieherInnen

Großtagespflege ist politisch „eigentlich nicht gewünscht“, sagt das Sozialressort

Für Kinder unter drei Jahren sollen mehr Tagespflegeplätze eingerichtet werden – das ist bundesweit erklärtes Ziel. Doch eine Form der Betreuung, die in anderen Großstädten üblich ist, hat in Bremen besonders zu kämpfen: Die „Großtagespflege“.

Das Wort „groß“ ist dabei eher irreführend – es geht um bis zu zehn Kindern, die betreut werden sollen. Die „Tagesmütter“ Erna Stapf und Gudrun Erler beispielsweise sind dafür fachlich durchaus qualifiziert: Erzieherin ist die eine, Heilpädagogin die andere. In der Kornstraße haben sie eine Wohnung angemietet, um die Kinder zu betreuen – und wollen einen selbständigen Beruf daraus machen.

So etwas ist eigentlich in Bremen nicht erlaubt, sagt Heidemarie Rose, im Sozialressort für die Kitas zuständig. Denn das wäre nach dem Jugendhilferecht eine „Einrichtung“ – und die bedarf einer Genehmigung. Für die aber fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, jedenfalls in Bremen. Seit bald einem Jahr arbeitet die Behörde schon an einer Regelung – München hat seit Jahren eine. Aber in Bremen ist die Großtagespflege „eigentlich nicht gewünscht“, sagt Rose. Die Sozialbehörde sorgt sich um die „Maßstäbe“ der Kinderbetreuung, fürchtet „Billigangebote“.

Anja Rose, eine Mutter, die ihr Kind in der Kornstraße betreuen lässt, versteht das überhaupt nicht. Für die professionelle Unterbringung zahlt man dort deutlich mehr als etwa in einer Eltern-Kind-Gruppe, eben weil es keinerlei Förderung gibt. Im Unterschied zu den Tagesmüttern sind die Betreuerinnen aber einschlägig qualifiziert.

Schon Anfang 2007 sollte die „Großtagespflegestelle“ in der Kornstraße geschlossen werden. Da aber der bundesweite Trend hin zu solchen Betreuungsformen weist, wurde eine Sondergenehmigung erteilt, befristet bis Februar 2008. Seitdem haben die Erzieherinnen und Eltern der Kornstraßen-Einrichtung nichts mehr von der Behörde gehört. „Uns beschleicht das Gefühl, dass vor der Wahl mehr versprochen wurde als anschließend gehalten werden will“, sagt Anja Rose. Die Zeit drängt – immerhin brauchen Mütter wie Erzieherinnen „Planungssicherheit“.

Gegenüber der taz meinte Heidemarie Rose von der Sozialbehörde, die Eltern müssten sich keine Sorgen machen, die Ausnahmegenehmigung würde verlängert, wenn es bis dahin keine gesetzliche Regelung gebe. Das hat die Einrichtung aber noch nicht schriftlich erfahren.

In München werden Großtagespflegestellen direkt von der Stadt finanziert, die sich Finanzierungsanteile bis zu 400 Euro im Monat von den Eltern zurückholt. Damit ist die Großtagespflege praktisch den Eltern-Kind-Gruppen gleichgestellt. Davon wagen Stapf und Erler kaum zu träumen. Aber wenn die Behörde sagen würde: Kinder in der „Großtagespflege“ bekommt keine staatliche Unterstützung, dann wäre das Modell über den Geldhahn praktisch abgewürgt.

Was die Eltern an der „Großtagespflegestelle“ so schätzen, weiß auch die Behörde: Keine Vereins-Pflichten, kein Putzen und Kochen, keine anderen Dienste, aber mehr Flexibilität in der Betreuung. Wenn ein Kind eine Stunde länger bleiben soll, dann wird das eben so vereinbart. Wenn ein Kind nur zwei Tage die Woche kommen soll, ist das auch kein Problem. Und über die Ferienbetreuung muss man ebenfalls nicht lange debattieren. Dafür bezahlen manche Eltern gern etwas mehr. Diese Klarheit der Dienstleistungs-Strukturen ist es auch, die die Erzieherin Erna Stapf an ihrer „Großtagespflege“ schätzt: „Wir sind selbständig“, sagt sie. Und diese Selbständigkeit hängt davon ab, dass die KundInnen zufrieden sind. Klaus Wolschner