press-schlag
: Heiter geht es weiter

Vor kurzem wurde noch von Visionen gesprochen beim FC Bayern München. Jetzt bleibt Ottmar Hitzfeld Trainer, und Oliver Kahn soll weiter halten

Erfolg gibt recht. Was soll man schon gegen Siege sagen, was gegen Titel, was gegen Serienmeisterschaften? Man kann nur mäkeln, die Siege seien nicht spielerisch genug erreicht, die Titel mangels Konkurrenz Geschenke, die Serienmeisterschaften langweilig. Durchschlagende Argumente sind das nicht. Eher etwas ratlose, ein wenig entnervte, bisweilen verzweifelte. Die Argumente derer eben, die weder ihr Herz noch ihren Verstand dem FC Bayern München geschenkt haben. Nun führt aber Erfolg auch dazu, lieber zurück- als nach vorn zu schauen. Erfolg ist ja immer etwas, was schon geschehen ist. Jeder Erfolg ist vorbei, nur noch eine Erinnerung.

Wenn also ein Trainer aus einer etwas aus der Spur geratenen Erfolgsmannschaft eine macht, die wieder mit Standardgeschwindigkeit ihre Runden dreht, sich weder von Zwergen abdrängen noch von Emporkömmlingen überrunden lässt, dann hat dieser Trainer erfolgreich gearbeitet. Dann war es richtig, ihn zu holen. In diesem Fall: zurückzuholen. Und weil im Fußball einfach gedacht wird, ist es logisch, diesen Trainer zu behalten. Damit der Erfolg bleibt. Das ist zwar nur eine Hoffnung. Aber Hoffnung ist immer noch besser als Felix Magath.

Ist ja auch schön, dass sich Ottmar Hitzfeld und Bayern München nach vielen Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit und kurzer Phase der Erholung voneinander wieder super verstehen. Manche Beziehungen brauchen Pausen, und dann, auf einmal, geht es heiter weiter. Als Zaungast kann man nur mäkeln: Wollten die nicht eben noch einen Startrainer aus dem Ausland holen? Hatten sie nicht gerade entschieden, mutiger zu investieren, geisterte nicht das Wort „Visionen“ herum? Und dann ist die Lösung: Ottmar – da weiß man, was man hat.

Wertarbeit. Rotation. Geballte Fäuste. Michael Henke. In wenigen Jahren wird man bei Rückblicken nicht mehr erkennen, ob man gerade Jubelposen aus Ära I oder aus Ära II des Münchner Ottmar sieht. Uli Hoeneß mit Fanschal, der dem Ottmar selig um den Hals fällt, sieht ja inzwischen immer gleich alt aus.

Nun ja. Vielleicht wird man den Unterschied doch sehen. Wenn der FC Bayern München Karl-Heinz Rummenigges Einfallsreichtum folgt und den Schritt nach vorn in die Vergangenheit durch eine Verlängerung mit Oliver Kahn untermauert.

Das Problem ist: Der Titan beginnt zu rosten. Was nicht weiter tragisch wäre, er ist in reifem Torwartalter, er hat lange und mit enormem Aufwand gespielt. Doch in dieser Saison umweht ihn ein Hauch von Tragikomik. Er kommt nicht mehr schnell genug hoch, wenn er sich hingeschmissen hat. Es sieht aus wie Zeitlupe inmitten des ihn umgebenden Tempos. Er tut sich öfter weh im Kampf um den Ball. Steht dann da, der Schmerzensreiche, Hand im Rücken, Leidensblick, selbstredend auswechselunwillig. Oliver Kahn aber hat es nicht nötig, mitleiderregend zu sein, nur weil seine Vereinsleitung fantasielos ist. Dazu war er zu erfolgreich. Und Erfolg gibt einem auch das Recht, aufzuhören. So viel Prognose darf sein: Der FC Bayern würde es überleben.

KATRIN WEBER-KLÜVER