Afrikas illegale Migranten organisieren sich

„Forum der Migranten“ in Mali diskutiert die Probleme der afrikanischen Auswanderer. Rat kommt von Deportierten

„Europa und Afrika zwingen die Jugendlichen zum riskantesten Reiseweg“

BERLIN taz ■ Den Migranten eine Stimme geben: das war das Ziel des bisher größten zivilgesellschaftlichen afrikanischen Migrationskongresses, der am Wochenende in Malis Hauptstadt Bamako zu Ende ging. Das „Forum der Migranten“, organisiert von der Koalition „Forum für ein anderes Mali“ unter Leitung der bekannten Aktivistin Aminata Traoré, bot eine Gelegenheit, die afrikanisch-europäische Migrationskrise aus Sicht der Betroffenen in Afrika darzustellen, wie lokale Zeitungen und Nachrichtenagenturen berichten. Aufsehen erregten vor allem die Auftritte gescheiterter Migranten, die aus Spanien und Frankreich wieder deportiert worden sind.

„Man behandelt uns wie Tiere“, berichtete Ali Diakité, aus Spanien deportiert, beim Vorzeigen einer Fotoausstellung über gewaltsame Abschiebungen aus Europa. Die schwangere Houreye Sacko, zusammen mit ihrer vierjährigen Tochter aus Frankreich per Charterflugzeug abgeschoben, erhielt spontane Spenden entsetzter Forumsteilnehmer, als sie die Art schilderte, wie die Pariser Polizei illegale Notunterkünfte papierloser Einwanderer geräumt hat.

Jeden Tag kommen derzeit mehrere Abgeschobene aus Frankreich auf dem Flughafen Bamakos an. Letztes Jahr wurden hunderte Malier aus Marokko abgeschoben, nachdem an den Grenzzäunen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla zu Marokko 14 afrikanische Migranten zu Tode gekommen waren. Die Abgeschobenen von Ceuta und Melilla in Mali haben jetzt eine Selbsthilfeorganisation namens „Rückkehr – Arbeit – Würde“ gegründet. „Vor einem Jahr kamen wir aus der Hölle zurück“, sagte Generalsekretär Mamadou Keita. „Europa hat Marokko aufgerüstet, und Spanien hat uns gebrochen. Vor einem Jahr schämten wir uns. Jetzt haben wir beschlossen, in unserem Land zu arbeiten.“

Für Aktivisten von Migrantenorganisationen in Mali stellten sich praktische Fragen. „In diesem Moment sitzen tausende Afrikaner zwischen Niger, Mali, Algerien, Marokko, Mauretanien und Senegal fest“, erklärte Mamadou Diakité von der Organisation Aide: „Das können sie nicht aushalten. Am wichtigsten wäre, ihnen zu helfen.“ Forumsleiterin Aminata Traoré kritisierte: „Die europäische und afrikanische Politik zwingt die Jugendlichen dazu, den riskantesten Reiseweg zu nehmen.“

Von den rund 26.000 Afrikanern, die dieses Jahr bereits per Boot auf die Kanaren gelangt sind, stammen nach EU-Angaben 2.800 aus Mali. Das westafrikanische Land hat 13 Millionen Einwohner, dazu leben 3,5 Millionen Malier in anderen Ländern Afrikas und eine halbe Million auf anderen Kontinenten, davon 100.000 in Frankreich und weitere 100.000 im Rest Europas.

Die Konferenz folgte auf ein Abkommen zwischen Mali und einer EU-Delegation, wonach die EU Mali von 2008 bis 2013 426 Millionen Euro Entwicklungshilfe zahlt. „Wachstum, produktive Investitionen, Entwicklung des Privatsektors und regionale Integration – all dies schafft Arbeitsplätze und trägt zur Beherrschung der Migrationsströme bei“, steht im Text des Abkommens. Im Jahr 2005 lag die EU-Hilfe für Mali bei 103 Millionen Euro. DOMINIC JOHNSON