Die Kunst der Irritation irritieren

Am Freitag wurde die Shortlist des Berliner Preises für junge Kunst vorgestellt. Ein größerer Etat soll ihn vom Ruch der Bedeutungslosigkeit befreien. Das könnte gelingen – auch wenn die Nominierten unangreifbar und gediegen daherkommen

VON BRIGITTE WERNEBURG

Sind erst einmal die Autos rausgeräumt, sieht der Laden endlich wie die Garage aus, die der Showroom von BMW am Ku’damm im Grunde genommen ja ist – nur in feinerer Version. Selbstredend wollte er als Club daherkommen, anlässlich der Bekanntgabe der Shortlist für den Preis für Junge Kunst der Nationalgalerie. Aber durchdringt nicht jeden guten Club ein Gefühl von Garage, gerade visuell und akustisch?

BMW stellte sich am Freitagabend als Sponsor vor, der sich langfristig beim Preis für junge Kunst engagierten will. Das geschah im Rahmen der Kunstmesse Art Forum, und so soll es nun jedes Jahr sein. Einmal wird die Shortlist präsentiert, das andere Mal der Preisträger. Ein notwendiger Schritt, um den Preis vom Ruch der Bedeutungslosigkeit zu befreien. Zeremonienmeister Peter Raue vom Verein der Freunde der Nationalgalerie, der den Preis im Jahr 2000 erstmals auslobte, strahlte zu Recht, als er ans Mikrofon trat. Einen ersten, ganz wesentlichen Schritt unternahmen die Freunde selbst, als sie den Gewinn aus der MoMA-Ausstellung in eine Stiftung einbrachten, aus der sich nun ein jährlicher Ankaufsetat von rund 300.000 Euro finanziert.

Auf dieser Grundlage macht Sponsoring Sinn. Zuvor schien der mit 50.000 Euro dotierte Preis nur eine besonders schlaumeierische Idee zu sein, eine Berliner Blöße billig zu bedecken. Da 25.000 Euro des Preises in den Ankauf einer Preisträgerarbeit fließen, besaßen die Staatlichen Museen, die sonst einen weiten Bogen um die aktuelle Kunst machten, immerhin alle zwei Jahre ein neues Sammlungsstück. Tempi passati – nun könnte die Sache spannend werden. Es kann kontinuierlich gesammelt werden.

Dagegen steht allerdings eine auffallend homogene Shortlist. Den Vorgaben entsprechend sind die Namen Jeanne Faust, Ceal Floyer und Damian Ortega nicht jedermann geläufig. Seltsam unangreifbar gediegen kommen die Nominierten in ihrem selbstreflexiven Ansatz von Verfremdung und Irritation von Erwartungen dennoch daher. Ob mit Film, Intervention, Performance oder Installation – sie bewegen sich auf längst gesichertem Terrain. Sie beackern es gewitzt, anspruchsvoll und einfallsreich. Doch keiner pflügt es richtig um. Bleibt Tino Sehgal, der durch seinen Auftritt in Venedig schon als Global Player gelten kann. Wirklich überzeugend war sein tanzendes Aufsichtspersonal im deutschen Pavillon allerdings nicht. Ihm müsste gewaltig mehr einfallen, um die Kunst der Irritation, wie sie demnächst im Hamburger Bahnhof zu sehen sein wird, zu irritieren.