Vielen Dank, Emil Berliner

Es war wieder mal ein Kriegsjahr in Deutschland, 1870, als sich der junge Emil Berliner aus Hannover der preußischen Einberufung entziehen wollte und deswegen in die USA auswanderte. Hier machte er dies und das und arbeitete unter anderem auch als Flaschenspüler, womit Emil Berliner so hübsch noch die schöne amerikanische Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte bestätigt. Denn am 26. September 1887 meldete er ein Patent an. Und jetzt ist es doch an der Zeit, laut „Danke, Emil Berliner“ zu sagen oder es wenigstens zu murmeln, „Danke“. Für die Schallplatte.

Emil Berliner ist ihr Erfinder. Das dazu notwendige Grammophon hat er gleich mit erfunden und damit der Welt ein Spielzeug gegeben, das gegenüber dem von Edison propagierten Phonographen den alles entscheidenden Vorteil hatte, dass hier statt einer unpraktischen Walze eben eine Scheibe mit den eingeritzten Tonspuren verwendet wurde. Die von Berliner selbst genau so benannt wurde: Schallplatte.

In einem weiten, letztlich aber schnurgeraden Weg wurde sie bis heute durchgereicht mit nur kleinen Kollisionen und minimalen Änderungen. Früher war die Platte aus Schellack und später kam das Vinyl, was zur Battle of the Speeds führte. Ein Formatkrieg, weil die einen Hersteller der neuen Plattenspieler auf die Single mit 45 Umdrehungen setzten und die anderen auf die Langspielplatte mit 33[1]/3 Umdrehungen. Mitte der Fünfziger wurde der Krieg doch friedlich beigelegt, indem man halt Geräte baute, die beide Geschwindigkeiten spielen konnten, so dass ein Plattenspieler im Haushalt reichte, für Rock-’n’-Roll-Singles genauso wie für die Klassik-LPs.

Letztlich aber hat sich im Prinzip nichts geändert. Vollkommen was Neues war erst die CD, die die Schallplatte aus dem Weg drängte, ohne sie ganz unterjochen zu können, was an sentimentalen Gründen liegt, weil Musik auch etwas ist, das man in der Hand halten möchte und anschauen. Und da sind Schallplattencover weiter einfach unbedingt im Vorteil.

An diesen menschheitsalten Greifreflex der Sammler und Jäger appelliert auch das Berlin-Hamburg-Duo Klotz + Dabeler, das weiter auf Emil Berliner vertraut und gerade eine Vinyl-Single herausgebracht hat: „Höp Höp Höp“ (Textprobe: „Höps Höps Höps / Schnöps Nöps Öp“), ein flotter Rock’n’ Roller mit eingebauter Progressivrockerinnerung, die sich hübsch an diesem Häschenwitz bricht. Und rückseitig gibt es mit „Mylord“ ein Lied, das gut zum Lassie-Singers-Output gepasst hätte, bei denen Almut Klotz ja früher tätig war. Kann man haben. Heute Abend um 20 Uhr bei der Single-Release-Party samt Vernissage mit Fehmi Baumbach im Kreuzberger Aqua Carre, Lobeckstraße/ Ecke Ritterstraße. THOMAS MAUCH