umzugsdebatte
: Zahlen statt Bonn-Nostalgie

Es ist wahrlich nicht so, dass seit der Entscheidung über den Umzug von Ministerien nach Berlin respektive den Verbleib anderer in Bonn die Republik im Chaos versinkt. Der Politikbetrieb funktioniert – ein paar Reibungsverluste durch die Trennung der Dienstsitze nicht ausgeschlossen. Die Flughäfen Köln/Bonn und Tegel kollabieren montags nicht, wenn Bundesbeamte sich einchecken. Und Freitagnachmittag wird’s auf den Bahnhöfen auch nicht mehr so voll, der Bonn-Berlin-Pendler wegen. Warum also die Aufregung?

Kommentar von Rolf Lautenschläger

Sieht man einmal vom Charme des Provisorischen ab, bedeutet die Bonn-Berlin-Regelung nichts anderes als einen Zustand künstlich verlängerter Ost-West-Spaltung, die uns zudem teuer zu stehen kommt. Die Mauerzeiten aber sind vorbei.

Man kann ja die Ursachen des nostalgischen Zustands verstehen: das Bonn-Berlin-Gesetz von 1991, welches das Splitting der Ministerien, die Verteilung der Gelder und die Finanzierung des Städtehoppings regelt. Es war ein Gesetz der Gefühle. Unverständlich bleibt, dass die Abgeordneten des Bundestages nicht eine Überprüfung des Gesetzes nach ein paar Jahren sich mit ins Stammbuch geschrieben haben. Eine strikte Evaluierung hätte harte Fakten zur Folge – nicht alle Jahre wieder persönliche, städtische, parteiliche oder finanzielle Begehrlichkeiten.

Der Vorstoß des SPD-Haushaltsexperten Johannes Kahrs geht darum in die richtige Richtung. Die Zahlen müssen auf den Tisch, sie sind zu prüfen und zu bewerten. Berlin ist aufgefordert, seine Flächen und Immobilien für die Bonner Ministerien vorzustellen. Und es muss kalkuliert werden, was der Restumzug kosten wird und wer ihn bezahlt. Erscheint dann grünes Licht für die Spree und rotes für Bonn, muss die große Koalition handeln.