Streit um Strafe für schlechtes Deutsch

Empörung über bayerisches Bußgeld. Nicht mal der eigene Schulminister will Stoiber-Vorstoß kommentieren

MÜNCHEN taz ■ Schon beim ersten Hinschauen tun sich Widersprüche auf. „Bayern intensiviert Integration: Keine Einschulung ohne Deutschkenntnisse“, beginnt Edmund Stoibers Verlautbarung zum Thema Problemschulen. Bereits am Dienstag hatte das bayerische Kabinett unter der Regie des CSU-Ministerpräsidenten umfangreiche Änderungen beim Schulgesetz beschlossen mit dem erklärten Ziel, die in den letzten Tagen bekannt gewordenen Probleme an deutschen Schulen mittels „Null Toleranz“ zu bekämpfen.

Das Rezept des Freistaats: „Bayern führt als erstes Land konkrete persönliche Sanktionen gegen Ausländer ein, die Integration verweigern.“ Eltern, die ihren Kindern einen vorschulischen Deutschkurs verweigern, drohen künftig Bußgelder von bis zu 50.000 Euro. Falls die Kleinen dann trotz 160 Stunden Sprachkurs durch den Deutschtest fallen, dürfen sie nicht in die Regelschule, sondern müssen eine Förderklasse besuchen. Und wenn sich doch ein Kind in die Grundschule verirrt hat, das nicht genügend Deutsch spricht, „werden die Grundschulen in ganz Bayern die Ausländerbehörden informieren“, heißt es aus der Staatskanzlei.

Gleichzeitig kündigte Stoiber an, am Wochenende ein noch weitergehendes Maßnahmenbündel vorzulegen: „Bei Verweigerung der Integration müssen Sanktionen möglich sein, von Sozialleistungskürzungen bis hin zur Ausweisung.“ Die taz-Nachfrage, ob Grundschullehrer damit bald reihenweise die Abschiebung ihrer Schützlinge verursachen, wollte das bayerische Schulministerium gestern nicht beantworten: „Wir können die Aussagen Stoibers nicht kommentieren.“

Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann (CDU) traute sich dagegen einen Kommentar zu. „Ich habe eine etwas andere Sichtweise. Wir wollen die helfende und nicht die strafende Schule.“ Ihm sei im Land kein Fall bekannt, bei dem die Teilnahme an einem Sprachförderkurs verweigert wurde. „Das wird als Angebot aufgefasst und als solches bereitwillig wahrgenommen.“

Harscher die Kritik der bayerische Grünen: „Es geht Stoiber offensichtlich nur darum, einen unrühmlichen Wettlauf um die härteste Ausländerpolitik gewinnen zu wollen“, so die Bildungsexpertin Simone Tolle.

Auch die Union Europäisch Türkischer Demokraten (UETD) wetterte gestern gegen den CSU-Plan. „Heftige Ablehnung“ signalisierte der UETD-Vorsitzende Fevzi Cebe. Zugleich räumte er ein, auch die Türken müssten sich um eine bessere Integration bemühen. Die Politik dürfe aber nicht mit „Stammtischparolen“ auf Stimmenfang gehen. Wichtige Voraussetzung für die sprachliche Integration türkischer Kinder in Deutschland sei zuerst das Erlernen der türkischen Muttersprache, sagte Cebe. MAX HÄGLER