Streit über niedersächsische Autobahnen: SPD-Minister riskiert Knatsch

Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen will die A 20 und A 39 für den Bundesverkehrswegeplan anmelden – obwohl die Grünen beide Autobahnen ablehnen.

Umstritten: A 20 und A 39 in Niedersachsen. Bild: dpa

Seit Mittwoch steht sie online, die Liste der Straßenbauprojekte, die Niedersachsen für den Bundesverkehrswegeplan 2015 bis 2030 anmelden will. Tags zuvor hat das rot-grüne Kabinett die 228 Projekte durchgewunken. Um „in den öffentlichen Dialog mit allen Beteiligten“ zu treten, wurde die Liste jetzt auf der Homepage des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums veröffentlicht.

Zudem soll bis Ende des Jahres ein Verfahren zur Öffentlichkeits- und Bürgerbeteiligung bei den Straßenprojekten erarbeitet werden. Bislang ist die nur für spätere Planungsphasen vorgesehen. Und Konfliktpotenzial gibt es bei den Verkehrsplänen zur Genüge auszuräumen.

Auf der Liste, die Niedersachsen beim Bund einreichen will, stehen auch die Küstenautobahn A 20 und die A 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg. Wirtschafts- und Verkehrsverbände pochen auf deren Bau. Bürgerinitiativen vor Ort protestieren gegen A 20 und A 39, auch Umweltverbände wie der BUND halten sie für sinnlos.

Die Grünen lehnen die beiden Autobahnen seit jeher ab – schon bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen im Frühjahr sorgte die Straßen-Frage für Reibungen. Damals einigten sich SPD und Grüne auf einen Kompromiss: A 20 und A 39 werden weiter geplant, aber nicht mehr im beschleunigten Verfahren wie noch unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung. An der Haltung der Grünen hat dieser Kompromiss nichts geändert.

Noch im Mai empfahl der grüne Landtagsabgeordnete Heiner Scholing bei einem Treffen mit A 39-Gegnern in Tappenbeck bei Wolfsburg den betroffenen Gemeinden, im Planfeststellungsverfahren Einwände gegen die Autobahn zu erheben. Die grüne Vize-Fraktionschefin Miriam Staudte verkündete beim Besuch vor Ort, „die Argumente sprechen für uns. Aber die Autobahn zu verhindern, wird ein langer Prozess.“ Die Grünen-Verkehrspolitikerin Susanne Menge erklärte, „wir sind gegen die Autobahn und gehen davon aus, dass sie nicht finanzierbar ist.“

Entsprechend bemüht um den Koalitionsfrieden zeigt sich Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD). „Es wäre vollkommen falsch, den Eindruck zu erwecken, als hätten alle angemeldeten Projekte eine Chance auf Verwirklichung in den nächsten 15 Jahren“, heißt es in seiner Pressemitteilung zur Anmeldung der niedersächsischen Straßenprojekte. Der Bundesverkehrswegeplan sei ohnehin „chronisch unterfinanziert“. Zugleich erklärt ein Sprecher des Ministers, eine Anmeldung sei zwar keine Garantie für die Realisierung, „ein Projekt ohne Anmeldung hat aber üblicherweise gar keine Chance.“ Sprich: Niedersachsens Koalitionspartner hoffen in der Streitfrage auf den Bund. Die Grünen darauf, dass A 20 und A 39 an der Finanzierung scheitern, die SPD, dass Berlin am Ende doch noch Gelder für die umstrittenen Autobahnen aufbringt.

Schwelen wird der Konflikt unterdessen noch eine Weile: Eine Bewertung der Anmeldungen aus Niedersachsen durch das Bundesverkehrsministerium wird nicht vor Herbst 2014 erwartet.

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