Schule: Zieh 50 ab - macht 10 mehr

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) wartet zum Schuljahresbeginn mit Erfolgszahlen auf. Gewerkschaft und Elternvertreter misstrauen ihren Rechenkünsten jedoch.

Die Schulanfänger sind da - kommen auch genug Lehrer? Bild: DPA

Schuljahresbeginn in Berlin: Wie üblich lädt die Senatsbildungsverwaltung am letzten Tag der Sommerferien die Medien zur Schulstart-Pressekonferenz. Und wie ebenfalls üblich findet die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schon einen Tag davor das aktuelle Haar in der Suppe: Mit Verschlechterungen in der Ausstattung der Grundschulen mit Lehrkräften gehe es ins neue Schuljahr, meldete die GEW bereits am Donnerstag.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nimmt diese Kritik gelassen: Den etwa 50 Lehrerstellen, die nach Gewerkschaftsberechnungen an den Grundschulen durch Kürzungen bei Klassen-Teilungsstunden wegfallen, stellt sie auf ihrer Pressekonferenz 60 neue Stellen entgegen: Die würden durch Erhöhung der Anzahl von Entlastungsstunden für KonrektorInnen gewonnen.

Überhaupt wirkt die Senatorin gelassen, bei manchen Themen geradezu euphorisch. Und sie hat Erfolgsmeldungen vorzuweisen, etwa beim Dauerproblem Lehrerausstattung: Mit 1.172 neuen LehrerInnen habe sie über 200 mehr eingestellt, als angesichts der insgesamt sinkenden, nur bei den ErstklässlerInnen wieder leicht steigenden Schülerzahlen nötig gewesen wäre, so Scheeres: „Wir haben damit eine Ausstattung mit Lehrkräften von über 100 Prozent.“

Da fällt auch den anwesenden JournalistInnen zunächst nicht mehr Kritik ein, als nach der Schokolade zu fragen, die es sonst zu den Schuljahresbeginn-Pressekonferenzen gab. Doch die ist weggespart wie die Teilungsstunden an den Grundschulen: Dafür gibt es jetzt USB-Sticks – gefüllt mit mehr als 300 Seiten Informationsmaterial.

317.830 SchülerInnen besuchen Berlins allgemeinbildende Schulen. Knapp 30.000 davon, also unter zehn Prozent, sind auf Privatschulen. Während die Schülerzahl insgesamt gegenüber dem Vorjahr um etwa 4.000 sank, nimmt die Zahl der SchulanfängerInnen gegenüber 2011 leicht zu: Von damals 26.981 auf 27.790 Erstklässler in diesem Schuljahr.

Insgesamt 30.065 LehrerInnen stehen zur Verfügung, genau 56 mehr als im vergangenen Schuljahr. Die tatsächliche Stellenzahl für Lehrkräfte ist demgegenüber von 26.380 auf 26.429 – also um 49 – gestiegen: Die Differenz ergibt sich aus Teilzeitarbeitenden. Die Anzahl von ErzieherInnen im Landesdienst erhöhte sich von 4.404 im vergangenen Schuljahr auf jetzt 4.606. Ein Wermutstropfen im Erfolgskelch sieht Schulsenatorin Scheeres in den dauerkranken Lehrkräften: rund 1.400 sind das in Berlin – damit könnte man gut 20 mittelgroße Schulen eröffnen.

Sie wolle das Gesundheitsmanagement verbessern, sagt Scheeres – und den dauerkranken Lehrkräften, die an den Schulen fehlen, aber deren Etat belasten, eine „berufliche Umorientierung“ anbieten. Dann würden ihre Stellen für neue Kräfte frei.

Vor allem aber will die Senatorin den Fokus im am Montag beginnenden Schuljahr auf die Grundschulen legen: Durch die Reform der Oberschulen seien die in den letzten Jahren aus dem Blick geraten, meint sie.

Ein Schritt in diese Richtung ist die Entlastung der Schulleitungen durch die verstärkte Unterrichtsfreistellung der KonrektorInnen. Scheeres will zudem auch an Grundschulen „Funktionsstellen“ einführen: Lehrkräfte, die besondere Verantwortung übernehmen, sollen, wie an Oberschulen bereits üblich, dafür Freistunden bekommen.

Auch die Zahl der Ganztagsschulen will die Senatorin steigern: Trotz vollmundiger Versprechen gerade aus ihrer Partei haben erst 64 der 362 Grundschulen den „gebundenen Ganztagsbetrieb“. Drei neue kommen mit Beginn des Schuljahres dazu – da ist noch was drin.

Der Vorsitzende des Landeselternauschusses (LEA), Günter Peiritsch, mag den positiven Meldungen der Senatsbildungsverwaltung nicht folgen: „Auch wenn insgesamt eine über 100-prozentige Ausstattung mit Lehrkräften besteht, ist an nicht wenigen Schulen die Lage erfahrungsgemäß anders“, so Peiritsch zur Taz, „etwa, wenn kurz nach Schuljahresbeginn Lehrkräfte in Rente gehen.“

Die Forderung des LEA nach mehr Geld für Berliner Schulen bleibe bestehen, so Peiritsch. Ein Beleg dafür sei, dass die Senatorin an den Grundschulen Teilungsstunden, die zwei Lehrkräfte erfordern, kürzen müsse, um Freistunden für die Schulleitung zu finanzieren.

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