38 Milliarden Steuerausfälle bis 2013: Verarmender Staat
Die Steuereinnahmen fallen bis 2013 um rund 38 Milliarden Euro niedriger aus als bislang erwartet. Will die FDP jetzt noch Steuern senken, müssen noch mehr Schulden gemacht werden.
Wegen der Banken- und Wirtschaftskrise erhält der Staat in den kommenden Jahren deutlich weniger Steuereinnahmen. Im Vergleich zur Steuerschätzung vom Mai vergangenen Jahres fließen bis 2013 rund 38 Milliarden Euro weniger auf die Konten von Bund, Ländern und Gemeinden. Diese Prognose veröffentlichte der Arbeitskreis Steuerschätzung am Donnerstag.
Die neue Schätzung kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hatte in den Debatten der vergangenen Monate eine besondere Bedeutung erhalten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel betrachtete sie als einen Indikator dafür, wann und wie die von der FDP geforderte Steuersenkung möglich ist. Daran, dass die Steuersätze sinken sollen, hielt FDP-Generalsekretär Christian Lindner trotz der ernüchternden Zahlen auch gestern fest (siehe unten).
Die Zahlen sehen so aus: 2010 erhalten die Finanzämter insgesamt 510 Milliarden Euro - so viel wie schon bei der vergangenen Schätzung erwartet. 2011 und 2012 aber fallen die Steuereinnahmen um jeweils 12 Milliarden Euro geringer aus, 2013 um 14 Milliarden Euro.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung besteht seit 1955. Experten von Bund und Ländern, kommunalen Verbänden, Bundesbank, Forschungsinstituten und Statistischem Bundesamt prognostizieren zweimal im Jahr die Steuereinnahmen. Ihre Vorhersagen bilden die Basis für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen.
Jeweils Anfang November steht die "kleine" Schätzung an, dabei werden die Steuereinnahmen nur für das laufende und das kommende Jahr ermittelt. Im Mai findet die "große" Steuerschätzung für den mittelfristigen Zeitraum statt.
Die Schätzung basiert auf den aktuellen Wirtschaftsprognosen, und es werden darauf aufbauend mögliche Einnahmen ermittelt - von der Lotteriesteuer bis zu den großen Posten der Lohn- und Umsatzsteuer.
Erst 2014 - nach der nächsten Bundestagswahl - könnten Bund, Länder und Gemeinden wieder etwas mehr Geld verbuchen als 2008, dem letzten Jahr des zurückliegenden Booms. Für 2014 rechnen die Steuerschätzer insgesamt mit Staatseinnahmen von 581 Milliarden Euro (2008: 561 Milliarden).
In den Jahren 2011 bis 2013 machen alle Verlust - sowohl der Bund als auch die Länder und Kommunen. Dass weniger Einnahmen fließen, ist unter anderem auf Steuersenkung der schwarz-gelben Regierung im sogenannten Wachstums- beschleunigungsgesetz zurückzuführen, das im November verabschiedet worden war.
Nun verringern die schlechten Zahlen die Chancen für die FDP-Steuersenkung. Das Geld dazu müsste Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble durch geringere Ausgaben oder höhere Einnahmen an anderer Stelle erwirtschaften. Denn mehr Schulden machen darf der Finanzminister nicht. Im Gegenteil: Wegen der Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert wurde, muss die diesjährige Neuverschuldung von rund 80 Milliarden Euro ab 2011 Jahr für Jahr um rund 10 Milliarden Euro heruntergefahren werden. Insgesamt müsste Wolfgang Schäuble damit allein im kommenden Jahr 26 Milliarden Euro irgendwo im Bundeshaushalt lockermachen.
Eine solche Summe aus dem Etat von 325 Milliarden Euro herauszuschneiden ist nicht unmöglich, aber ein riesiger Kraftakt - besonders in Krisenzeiten. Bislang ist die Koalition mehr oder weniger ratlos, woher sie das Geld nehmen soll.
Schäuble wies am Donnerstag mit Blick auf die laufende Etatplanung auch darauf hin, dass 2011 nicht der schwierigste Teil der Operation werde, "die Folgejahre werden schwieriger". Zu den Steuersenkungsplänen sagte Schäuble lediglich: "Der Koalitionsvertrag gilt." Union und FDP müssten jetzt auf Grundlage der aktuellen Zahlen jedoch über politische Prioritäten entscheiden.
Der Finanzminister erklärte auch, dass grundsätzlich der Spielraum für Steuersenkungen vorhanden sei. Wer aber Ausgaben befürworte, müsse in jedem Falle auch Vorschläge für deren Gegenfinanzierung unterbreiten, damit der Abbau der Schulden gelinge. "Die Solidität der Finanzpolitik ist existenziell", bekräftigte Schäuble.
Vor diesem Hintergrund hatte die FDP bereits ein Zugeständnis an die CDU gemacht: 2011 wolle man entscheiden, welche Steuersenkung 2012 kommt. Das Schwergewicht soll dabei zunächst auf der Vereinfachung des Steuerrechts liegen. Das heißt: Die Steuersenkung wird viel geringer ausfallen, als die FDP heute noch verlangt.
"Die FDP hat so getan, als ob es die Krise nicht gebe, und sich der Realität nicht gestellt," sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß gestern im Bundestag. Die Sozialdemokraten forderten ihrerseits, angesichts der gigantischen Staatsschulden die Steuern nicht weiter zu senken, sondern stattdessen zu erhöhen.
"Der Spitzensteuersatz sollte von heute 45 auf 49 Prozent steigen", erklärte Poß. Außerdem sei zu überlegen, die Selbstständigen in die Gewerbesteuer einzubeziehen - allerdings unter Anrechnung auf die Einkommensteuer, damit sich die Zusatzbelastung in Grenzen halte. "Dies würde die Finanzsituation der Kommunen deutlich verbessern", sagte Poß. Auch die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie plädiert für einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent. Auch sollte die Steuer auf Kapitalerträge von 25 auf 35 Prozent steigen.
Leser*innenkommentare
bernhard
Gast
Nicht das Geringste wird sich in Deutschland ändern. Jednefalls nicht zum Besseren.
Die Leute sind so dermassen zerrissen innerlich, da lässt sich überhaupt nichts mehr stemmen. Man sieht das imemr an den permanenten TalkBacks in den Zeitschriften. Einer will sich über den anderen stelle, ihn besserwisserisch abkanzeln, jeder hat die Weisheit gepachtet, einer hackt dem anderen die Augen aus. Null Zusammenhalt mehr.
Dazu ausgemergelt, depressiv und verschuldet. Zum handlungsunfähigen Sklaven der Regierungen der letzten Jahre geworden.
Nein Leute...der Deutsche an sich...ist Geschichte. Man kann sich nur noch an die gigantische Aufbauarbeit in allen Bereichen erinner, mehr nicht. Ihr seid alle total am Ende, da kommt nie wieder was, höchstens die endgültige Armut. Zum Glück hab ichs geschafft auszuwandern. Von meinem Schweiss bekommt Deutschland keinen Cent Steuern mehr. Feiert noch ruhig etwas Party, bald gehen nämlich alle Lichter aus.
claudia
Gast
@INSM alias "dieLINKE:"
vergebliches Pseudonym. Man erkennt Sie an Ihren Worten...
felix krull
Gast
Der Deutsche Staat schöpft (inklusive seiner Sozialversicherungen) jedes Jahr
über 1 BILLION Euro
vom Bürger ab. Wer das als /Verarmung/ deklariert sollte sich mal den Denkapparat durchsehen lassen.
Worum sich die Diskussion eigentlich dreht, ist, dass der Unterschicht (die es in Griechenland wie in Deutschland gibt und die uns bald alle lupenrein-demokratisch dominieren wird) schon alles UMSONST bekommt, aber stets noch MEHR will.
Micha
Gast
Lustige Überschrift!
Ist der Staat arm oder macht er durch sein Handeln die Leute arm?
dieLINKE
Gast
- Bundeswehr abschaffen
- Sozialhilfe auf 50%
- keine Subvention mehr .
so einfach geht das, und wird auch so kommen . es ist gut, den festgefahrenen sozialstaat mal so richtig auszumisten . dank der jahrelangen verschuldung und neuerlichen finanzkriesen , wird der zeitgeist mal so richtig ausgemistet - herrlich .
claudia
Gast
Das größte Sparpotential liegt im Militärhaushalt.
Eine Einnahmeerhöhung kann mit einer gesetzlich festgelegten Wochenarbeitszeit von unter 35 Stunden bei gleichzeitigem Verbot der Zeitarbeit erreicht werden. Das käme der Lohnsteuer und der Mehrwertsteuer zugute.
Damit würden auch die Ausgaben der Agentur für Armut verringert und die Einnahmen der Rentenversicherung und Krankenkassen verbessert.
Zwar würde der Exportüberschuß etwas zurückgehen, aber eine Konsolidierung der Binnenwirtschaft wäre diesen Preis wert...
anke
Gast
Was sagen denn zu all dem unsere Volkswirtschaftler? Ich meine: Wir haben doch noch Volks- und nich bloß Betriebswirtschaftler in Deutschland, oder?
Dr. Ludwig Paul Häußner
Gast
Mehrwertsteuer erhöhen und MwSt-Freibetrag einführen
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Die MwSt ist die Steuer von allen für alle - und sie ist die passende Steuer für eine globalisierte Wirtschaft.
Finanzwissenschaftler wie B. Wigger (Uni Karlsruhe) und C. Fuest (Uni Köln bzw. Oxford) sehen mittelfristig in einer höheren MwSt die Lösung zum Schließen der Haushaltslöcher. Die EU lässt derzeit einen MwSt-Höchstsatz von 25% zu.
Bund, Länder und Kommunen partizipieren gleichermaßen von den MwSt-Mehreinnahmen. Gerade für die Städte und Gemeinden wäre einer höhere MwSt ein Segen, um so von den stark schwankenden Gewerbesteuereinnahmen unabhängiger zu werden.
Die Länder hätten mehr Geld für Bildung und Infrastruktur.
Der Bund hätte ebenfalls mehr Geld zu Grundfinanzierung der Sozialkassen und zum Schuldenabbau.
Und was hätten die Bürger davon? Sie hätten bessere öffentliche Dienstleistungen.
Zum sozialen Ausgleich sollte aber ein MwSt-Freibetrag eingeführt werden, der über die persönliche Steueridentifikationsnummer ausgezahlt bzw. mit der Einkommenssteuer verrechnet und so die Vorstufe für ein bedingungsloses Grundeinkommen bilden würde.
L.P. Häußner, Karlsruhe
dieLINKE
Gast
der neue zeitgeist kommt.
die zeit großzügiger verteilung nährt sich ihrem ende . die melk-kuh deutschland ist mehr als nur ausgeleert : und das ist gut so . künftig ist der mensch wieder damit beschäftigt, sich um sein eigenes fortkommen zu kümmern . das verständnis für gleichheit weicht dem ego . nicht allem das gleiche, sondern jedem das seine . die aussage:
Leistungswille und Leistungsfähigkeit sind
der gerechteste Maßstab für die soziale
Stellung eines Menschen ;heute verpönt doch morgen selbstverständlich. auch kennt die dann kommende (ideologiefreie) einsicht und vernunft keine sozial benachteiligten ,sondern nur noch unterschiedlich begabte .
Bodo Bender
Gast
Damit können die Steuersenkungspläne der FDP endgültig in die Rumpelkammer abgeschoben werden. Das amtliche Siegel haben wir ja nun (im Koalitionsvertrag verankert). Und die Quttung für die Steuer-Verarsche der Wähler wird die FDP hoffentlich am Sonntag in NRW bekommen. Damit haben sie DAS Thema verloren, mit dem sie Jahre lang Wähler geködert haben. Was nun, Herr Guido?!
H.Klöcker
Gast
Klar sinken die Steuereinnahmen wenn es immer mehr Lohndumping und Nidriglohnjobs gibt, und vor allem Steuerhinterziehung bei uns Hochkunjunktur hat ;O)
Auf Schweizer Banken liegen ca. 2000 Milliarden Euro an hinterzogenen Geldern auf den Konten von Steuerkriminellen, und keine Regierung greift darauf zu ;O)
...hier im Video zu sehen...
http://videoportal.sf.tv/video?id=e9612e82-9850-4637-94ea-c15c02d4e0ec
Ron777
Gast
Warum noch darüber aufregen. jeden Euro, den wir nun wieder sparen, wird doch wieder in der großen Verteilungsmaschine irgendeinem Pleiteland zugesprochen. Die Griechen machen es richtig: 10 Jahre Party mit Anfassen und dann einige Tage die Schulden wegrandalieren. Feiern wir doch einfach mit! Auf der Titanic hat die Kapelle auch bis zum Ende fröhlich gespielt.
Noch ein paar Zeilen zum sogenannten Hilfspaket: So sieht das Rettungspaket in Wirklichkeit aus: Alle Euro-Südländer fordern zunächst Solidarität für Griechenland und verunglimpfen Deutschland als Zögerer und Mitverantwortlichen der Krise. Dann vereinbaren alle, dass die über 100 Mrd. Euro an Hilfskrediten nachrangig abgesichert werden, bei einer Staatstpleite oder Umschuldung von Griechenland in den nächsten Jahren also faktisch futsch sind. Jetzt kommt raus, dass die fordernden Südländer sich selbst aber an der Rettungsaktion am liebsten gar nicht beteiligen wollen. Der Trick: Sollten sie im eigenen Land höhere Marktzinsen bezahlen müssen als ihr ausgeliehenes Geld an Griechenland bezinst ist, brauchen sie sich gar nicht an den Maßnahmen beteiligen. Deutschland und die wenigen anderen solide finanzierenden Eurostaaten müssten ihren Anteil schultern. Damit steigt der deutsche Anteil dann schnell auf 40 bis 50 Mrd.