Proteste bei Koalitionsverhandlungen: Die-In gegen Atomkraft
Anlässlich des Treffens der Umwelt-AG der schwarz-gelben Verhandlergruppe veranstalteten Aktivisten ein "Die-In". Die Gefahr einer Kernschmelze sei jederzeit gegeben, sagen sie.
BERLIN taz/reuters/afp | Eine Sirene kreischt durch das oktoberwarme Hauptstadtberlin. 30 Aktivisten "sterben", Dekontaminierungstrupps in weißen Schutzanzügen sperren den Vorplatz ab, stellen Warnschilder auf und zeichnen die Umrisse der Opfer auf dem Pflaster nach. Nur wenige Meter davon entfernt haben sich die schwarz-gelben Verhandler zusammengefunden, um über ihre Atompolitik zu diskutieren.
"Eine Kernschmelze ist jederzeit möglich", sagt Luise Neumann-Cosel, die die Aktion mitorganisiert hat. Als Beispiel für ein Fast-Tschernobyl nennt sie das Atomkraftwerk Forsmark, in dem es im Sommer 2006 zu einem Fast-GAU gekommen war. 130 meldepflichtige Störfälle gebe es in deutschen Atomkraftwerken pro Jahr - alle drei Tage einen.
In der schwarz-gelben Umwelt-AG wird auch die Reaktorsicherheit bearbeitet. Die Positionen unterscheiden sich nur in Nuancen. Während Katherina Reiche als glasklare Befürworterin der Laufzeitverlängerungen gilt, will Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (beide CDU) diese zumindest an Bedingungen knüpfen: "Es wird keine Laufzeitverlängerung zum Nulltarif geben", sagte sie. Markus Söder (CSU) meinte, die neue Regierung werde "nicht Anwalt der Stromkonzerne sein, sondern der Verbraucher".
Eine abgestimmte Haltung der Energiekonzerne gegenüber der Politik etwa in Form eines Arbeitskreises mit Vertretern von E.ON, RWE und Vattenfall gibt es nicht, sagte EnBW-Chef Hans-Peter Villis heute. "Es besteht aber natürlich ein Brancheninteresse".
FDP und Union haben den Energiekonzernen Laufzeitverlängerungen für ihre Reaktoren in Aussicht gestellt, verlangen dafür aber einen erheblichen Teil der erwarteten Milliarden-Zusatzgewinne der Konzerne. Gemäß der bisherigen Ausstiegsvereinbarung würde um das Jahr 2021 das letzte der 17 Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen.
"Die 17 Atomkraftwerke in Deutschland sind alles andere als sicher", sagte Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt anlässlich der Koalitionsverhandlungen. "Wer angesichts dessen über Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke diskutiert, setzt Leben und Gesundheit von Millionen Menschen mutwillig aufs Spiel".
Die Deutsche Umwelthilfe habe nachgewiesen, dass in acht deutschen Atomkraftwerken bereits ein kleines Leck zur Kernschmelze führen könne. Sieben seien nicht einmal gegen den Aufprall eines kleinen Flugzeuges geschützt, alle 17 würden den Absturz einer großen Passagiermaschine nicht überstehen. Kein einziges entspreche dem vom Bundesverfassungsgericht geforderten Stand von Wissenschaft und Technik.
Leser*innenkommentare
susannahdean
Gast
Früher oder später werden diese kaltblütigen Atomkraft-Befürworter uns alle umgebracht haben, inklusive unserer Kinder und aller nachfolgender Generationen. Da sieht man mal, was die Menschheit heutzutage für Wertmaßstäbe hat. Die Illusion von billigem Strom ist viel wichtiger als alle Leichen von Tschernobyl.
Und von wegen in Deutschland ist die Technik sicherer - seit wann ist denn bitte irgendein Mensch oder eine unfehlbar?
Andreas
Gast
Ach Leute, ich lese die TAZ schon seit über 10 Jahren regelmäßig und schätze sie bei vielen vielen Themen, aber ein wenig mehr Objetivität beim Thema Kernenergie würde ihr gut tun, denn sie verkommt immer mehr zur dummen Propaganda-Gazette und von denen haben wir mit der Blödzeitung genug!
Merkt eigentlich jemand wie verbohrt ihr in manchen Dingen seid? Ich will keine KONSERVATIVE Zeitung! ;-)
vic
Gast
Was immer irgendwer der CDU zum Thema Kernenergie zu sagen hat, können wir sofort wieder vergessen. Die lügen wie gedruckt.
Lukas
Gast
Lieber Andreas, erkläre mir bitte genauer was du meinst
Florian
Gast
@andreas taz ist nicht für jeden. Das ist OK so. http://www.youtube.com/watch?v=skY4nddl5q0
Frank Eßers
Gast
@Andreas:
Dann würde ich vorschlagen, Sie suchen sich eine "unvoreingenommene" Zeitung wie die Pro-Atom-FAZ und lassen sich dort ihr Weltbild bestätigen. Denn die Argumente gegen Atomkraft liegen auf der Hand:
1) Zu teuer und ohne staatl. Subventionen nicht überlebensfähig. Die zeche zahlen Steuerzahler und Verbraucher.
2) Der Rohstoff Uran reicht auch nicht länger als Öl und gas - und ist damit keine Alternative.
3) Zu risikoreich, da die Technik anfälllig ist
4) Was mit dem Atommüll geschehen soll, der tausende Jahre strahlt, kann niemand beantworten. Kein Wunder: Eine sichere Lagerung auf derart lange zeiträume projektiert, kann keiner garantieren.
Es "wäre doch mal ne Idee", nach Jahrzehnten endlich Schluß zu machen mit der langweiligen Endlosschleife dummer Pro-Atom-Propaganda. Die mehrheit der Bevölkerung hat dies übrigens bereits getan - wie Umfragen belegen.
Und wenn es dann noch gelingt, dass Leser, die ihre Meinung äußern, auch mit ihrem vollem Namen dazu stehen, wäre ich sogar wunschlos glücklich.
Andreas
Gast
Frau Pohl,
es langweilt langsam ständig die gleichen Aktuere der Anti-AKW-Propaganda zu hören, mit den immer gleichen "dummen" Argumenten: Wann wird die TAZ mal objektiv und unvoreingenommen berichterstatten?
....wäre doch mal ne Idee?!