Hohn und Spott für Windows 7-Video: Microsofts digitale Tupper-Party

Im Oktober kommt Windows 7 auf den Markt. Hersteller Microsoft will das freudige Ereignis von seinen Kunden feiern lassen und bietet Vorlagen für Werbepartys an.

Microsoft will die User dazu bringen, auf Windows 7 umzusteigen. Bild: screenshot www.youtube.com

Die vier Damen und Herren sehen aus wie aus dem politisch korrekten Zielgruppenkatalog einer Werbeagentur: Der blasse Geek mit hipper Brille trifft auf die weißhaarige Frau im besten Alter, die typisch amerikanische "Soccer-Mom" auf den sportlichen Afroamerikaner. Ob uns die Schauspieler, die zwischendurch so gezwungen lachen, in dem knapp sechsminütigen Streifen auf YouTube vielleicht ein neues Vitaminprodukt mit darmfördernder Wirkung verkaufen wollen? Oder machen sie etwa Reklame für einen multinationalen Reinigungsmittelkonzern?

Weit gefehlt: Microsoft, der IT-Konzern mit dem wahrscheinlich größten Werbebudget der Welt, will mit dem Filmchen, von dem es unzählige Varianten in diversen Sprachen gibt, sein im Oktober erscheinendes neues Betriebssystem Windows 7 bewerben. Die Idee: Begeisterte User in aller Welt sollen am Erscheinungstag ihre Freunde einladen und diesen dann erklären, dass der PC künftig "noch einfacher und genau wie wir es wollen" zu bedienen sei.

Geld bekommen die Veranstalter dieser Tupper-Partys des digitalen Zeitalters keines, einzig so genannte "Party-Packs" mit Werbematerial soll es für den ein oder anderen besonders fleißigen Windows-Fetenveranstalter gratis geben. Zudem darf der Einladungen über eine spezielle Website verschicken.

Wie die Partys abzulaufen haben, erläutert die weißhaarige Frau gleich am Anfang des Werbefilms: "Ich zeigte gleich am Anfang meine Lieblingsfunktionen in Windows 7, das hat vielleicht 10 Minuten gedauert und war total locker, da haben wir alle in der Küche herumgestanden!" Der Geek mit der Brille betont unterdessen, dass es um den richtigen Ablauf gehe: "Natürlich muss man vorher Windows 7 auch installieren! Das machen sie am besten ein paar Tage vor der Party. Wenn Sie Probleme haben, rufen Sie einfach den Kundendienst an!"

In weiteren Kurzfilmchen, die offensichtlich eine Anleitung für das optimale Partyverhalten darstellen sollen, wird dem staunenden Publikum demonstriert, wie man mit Windows 7 verloren geglaubte Fenster wieder findet, Fernsehsendungen aufzeichnet, Party-Musik für die Gäste auf CD brennt (am Rande der Legalität der Privatkopie), Videotelefonate führt oder seinen Kindern dank Jugendschutzfunktion verbietet, zu viel "World of Warcraft" zu bieten. "Windows 7 macht so viel Spaß", hört man immer wieder - so oft, dass es einem schnell zu viel wird. In Verbindung mit der gekünstelten Begeisterung, die etwas von einer Teleshopping-Sendung hat, dürfte Microsoft damit sein Ziel, die Nutzer zu Windows-Werbern zu machen, eher verfehlt haben.

Im Netz sorgt die merkwürdige Kampagne, die in vielen Blogs anfänglich für eine Parodie gehalten wurde, selbstverständlich für viel Hohn und Spott. Das Silicon Valley-Klatschblog Valleywag berichtete unter der Überschrift "Veranstalte Deine eigene schreckliche Party für Windows 7". Mac-Programmierer Cabel Sasser kam wiederum auf die Idee, einen der Filmchen an jeder Stelle mit einem Piepston zu unterlegen, an dem "Windows 7" gesagt wird. Das Ergebnis hört sich an, als warben die vier Microsoft-Schauspieler für eine Swingerparty.

Dass der Softwarekonzern derartige Aktionen durchführt, hat einen einfachen Grund: Windows 7 ist zum Erfolg verdammt. Der Vorgänger Vista kam bei vielen Usern nie an, die aufgrund der Radikalität der Veränderungen lieber beim inzwischen acht Jahre alten Windows XP blieben. Unterdessen holen Konkurrenten wie Apple (Mac OS X) sowie Linux-Derivate wie Ubuntu im Betriebssystemmarkt auf - und zeigen, dass es nicht wie früher immer Windows sein muss, sondern es durchaus gut (und sogar besser) funktionierende Alternativen gibt.

Technisch gesehen kann Windows 7 unterdessen durchaus punkten. Laut erster Testberichte renommierter IT-Medien gleicht es diverse Patzer des Vorgängers aus und soll insgesamt besser bedienbar sein. Aber ob man für solche Selbstverständlichkeiten gleich Tupper-Partys schmeißen muss? Ob Microsoft extra Hotlines für Fetenveranstalter schalten wird, die dann am Tage ihrer Party mit nicht funktionierenden Gerätetreibern kämpfen müssen, ist bislang unbekannt.

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