US-Sondersteuer für Managerboni: Kein Bonus für Bankrotteure

Den Laden in den Ruin treiben, dann den Staat anschnorren und schließlich saftige Boni einstreichen - so gehts ja nicht. Obama beschließt eine Managerboni-Sondersteuer von 90 Prozent.

Dem Steuerzahler geben, was des Steuerzahlers ist: Demonstration vor der AIG-Zentrale in New York am Donnerstag. Bild: ap

"Sie sahen sehr verärgert aus, als die Nachricht von den Bonuszahlungen bei AIG kam. Genauer gesagt: Sie sahen verblüfft aus", sagte der Talkshowmoderator Jay Leno zu seinem Gast, US-Präsident Barack Obama. "Verblüfft, ja, das ist das Wort", antwortete der. Obama war in der Nacht zu Freitag, für amtierende US-Präsidenten ungewöhnlich genug, zu Gast bei Lenos "The Tonight Show", einer der beliebtesten Nachttalksendungen der USA. Dass der Präsident sich in diesen Zeiten in eine Fernsehshow begibt, illustriert, wie besorgt die Regierung um die öffentliche Meinung ist. Denn während Obama vorsichtig witzelnd in Lenos Studio einen halb empörten, halb staatsmännischen Auftritt ablegte, kochte in Washington die Stimmung.

Dort hatte am Donnerstagnachmittag das Repräsentantenhaus den Bonuszahlungen für Manager von Unternehmen, die staatliche Nothilfen erhalten haben, eine Grenze gesetzt. Anfang der Woche war bekannt geworden, dass die angeschlagene American International Group (AIG) rund 73 Managern Bonuszahlungen von insgesamt 165 Millionen Dollar ausgezahlt hatte - obwohl ebenjene Manager dem Versicherungskonzern im vorigen Jahr mit knapp 100 Milliarden Dollar Verlust das größte Minus der US-Wirtschaftsgeschichte beschert hatten. Insgesamt hat AIG seit bereits 182,5 Milliarden Dollar bekommen und gehört bereits zu fast 80 Prozent dem Staat.

Dass die Debatte im Repräsentantenhaus nur knapp 40 Minuten dauerte und das Abstimmungsergebnis von 328 zu 93 Stimmen so eindeutig ausfiel, bewies, wie sehr den Abgeordneten daran lag, Tatendrang zu demonstrieren. Heraus kam dabei ein Gesetz, wonach 90 Prozent dieser vertraglich geregelten Sonderzahlungen als Steuer abgeführt werden müssen.

Die Regelung soll rückwirkend zum Jahresanfang gelten, allerdings nur für Manager, deren Haushaltseinkommen 250.000 Dollar im Jahr übersteigt, und nur für Unternehmen, die mindestens 5 Milliarden Dollar Hilfen erhalten haben. Bislang sind dies neben AIG 12 weitere Unternehmen, darunter die verstaatlichten Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac sowie die Bank of America und die Citigroup. Das gilt aber wohl nicht für die Investbank Merrill Lynch, die kurz vor dem Vollzug der Übernahme durch die Bank of America zum Jahreswechsel an ihre Mitarbeiter Boni im Gesamtwert von 3,6 Milliarden Dollar bezahlt hat.

Doch noch ist unklar, ob der Senat dem Ganzen zustimmt. Die Republikaner sind dagegen und auch einige demokratische Senatoren wollen das Gesetz überprüfen.

Unterdessen gab AIG der Staatsanwaltschaft die Namen der Bonusempfänger. Finanzminister Timothy Geithner, gegen den in den letzen Tagen schon Rücktrittsforderungen ergangen waren, gab an, schon ab 10. März von den Bonuszahlungen bei AIG gewusst und zu spät reagiert zu haben.

Das "Verprassen des Geldes der Bürger" müsse ein Ende haben, forderten zahlreiche Abgeordnete, eingedenk der Empörung in ihren heimatlichen Wahlkreisen. Dort draußen, so berichteten US-Medien, erhielten AIG-Manager, deren Namen an die Öffentlichkeit gedrungen waren, anonyme Morddrohungen und Beschimpfungen aufgebrachter Nachbarn.

Angesichts steigender Arbeitslosenzahlen, Firmenpleiten und schlechter Zukunftsaussichten bemühte sich Obama seinerseits in der populären Fernsehshow zu erklären, dass AIG nur Teil eines viel größeren Problems sei. Das "kleine schmutzige Geheimnis", sagte er, sei, dass die hoch riskanten Geschäfte in der Finanzwirtschaft, die Amerika in die schwere Krise getrieben haben, "völlig legal" gewesen seien.

In Washington wurde derweil ein anderes "kleines schmutziges Geheimnis" gelüftet. Dort musste der Vorsitzende des Bankenausschusses im Senat, der Demokrat Chris Dodd, zugeben, dass er selbst es war, der die Verhinderung von Bonuszahlungen in letzter Minute aus dem entsprechenden Gesetz gekegelt hatte. Zuvor hatte er behauptet, nicht zu wissen, wie diese Gesetzeslücke zustande gekommen sei, die es AIG & Co. erlaubte, trotz Staatshilfen an den vertraglichen Boni festzuhalten. Dodd, dessen 24-jährige Senatskarriere nun ein Ende nehmen könnte, gab zu, seit 1989 von AIG 300.000 Dollar an Wahlkampfspenden bekommen zu haben.

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