Schlechte Zeugnisse: Jede fünfte Schule mangelhaft

Schüler lernen alles Mögliche, aber nicht, wie man lernt. Der Bericht der Schulinspektion deckt Defizite beim individuellen Fördern und Fordern auf. Bildungssenator bietet Nachhilfe für die Schlimmsten an.

Nix wie weg hier Bild: AP

Die Schüler dürfen aufatmen: Zwar fällt laut Statistik jeder vierte durch die jährliche Matheprüfung zum Mittleren Schulabschluss. Aber daran sind nicht zwingend sie schuld, sondern die Schulen. Laut dem am Montag veröffentlichten Bericht der Schulinspektion befähigen 70 Prozent der Schulen ihre Schüler nicht dazu, eigene Lösungen zu entwickeln, darzulegen und zu reflektieren. Stärken also, die man gerade in Matheklausuren braucht, sofern die Lösungen nicht vorab bekannt sind.

"Die Förderung individueller Lernprozesse ist gleichbleibend defizitär", bilanzierte der von der Schulverwaltung beauftragte Chefinspektor, Axel Friede. Das heißt, in acht von zehn Schulen gelingt es nicht, starke und schwache Schüler angemessen zu fördern und ihnen beizubringen, wie man selbstständig lernt. Der der Frontalunterricht ist in 54 Prozent die vorherrschende Form der Wissensvermittlung.

Friedes Vorgesetzter, Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD), stellte den Schulen insgesamt dennoch ein positives Zeugnis aus: "80 Prozent erfüllen die wichtigsten Qualitätskriterien." Die Stärken der Schulen liegen demnach in der Unterrichtsorganisation, in der Schulleitung und in der Kooperation mit gesellschaftlichen Partnern.

Mit dem Bericht liegen zum zweiten Mal nach 2007 Ergebnisse der externen Schulprüfungen vor. Die Teams der Schulinspektion - aus Lehrern, Direktoren, Eltern, Wirtschaftsvertretern und der behördlichen Schulaufsicht - haben 150 Schulen besucht, hospitiert sowie Lehrer, Eltern und Schüler befragt. Bis 2010 sollen alle 800 Schulen einmal Besuch bekommen haben. Die Auswertungen erhalten die Schulen, es steht ihnen frei, sie zu veröffentlichen.

Teilt man die untersuchten Schulen in drei Gruppen, so landen 19 Schulen in der Spitzengruppe, mit überwiegend positivem Qualitätsprofil. In der zweiten Gruppe mit insgesamt 97 Schulen sind Schwächen und Stärken ausgewogen verteilt, während die dritte Gruppe deutliche Schwächen aufweist - in dieser sind 28 der untersuchten Einrichtungen gelandet, mithin fast jede fünfte Schule. 6 dieser 28 haben gar erheblichen Entwicklungsbedarf. Sie dürfen sich von einer Art Unternehmensberatung für Schulen Ratschläge geben lassen und bekommen in zwei Jahren erneut Besuch von der Schulinspektion.

Die Qualität einer Schule hängt laut Bericht nicht davon ab, ob sie in Mitte oder in Marzahn liegt oder ob sie Sonderschüler oder Gymnasiasten beherbergt. In Grundschulen und dort besonders in altersgemischten Lerngruppen seien individuellere Lernformen aber deutlich stärker ausgeprägt, sagte Chefinspektor Friede.

Zöllner versteht die Inspektionsberichte als sanfte Peitschenhiebe: "Sie sind ein zentraler Bestandteil für Qualitätsverbesserungen." Die Schulen müssten die Inspektionen bejahen und lernwillig sein. Als Reaktion auf den Bericht will Zöllner ein sogenanntes Coaching-Konzept für Schulleiter entwickeln und sie zu Managern mit Personalverantwortung qualifizieren.

Der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Özcan Mutlu, fordert darüber hinaus eine Weiterbildungsoffensive für alle Lehrerinnen. Der Landeselternausschuss hält eine Debatte über eine bessere Personalausstattung für unvermeidbar. Personalmangel sieht Wolfgang Harnischfeger, Leiter des Beethoven-Gymnasiums, als größtes Hemmnis für eine individuelle Förderung der Schüler: "Binnendifferenzierung ist Leistungssport und der Unterricht eine Massenveranstaltung."

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