Kommentar: Unkenntnis aus Duckmäusertum

Berlinher Schüler wissen wenig über die DDR. Denn in vielen Schulplänen endet die deutsche Geschichte noch immer im Jahr 1945.

onrad Adenauer war Ostdeutscher, die DDR keine Diktatur und die Stasi ein Geheimdienst, wie ihn "jeder Staat hat". Die neuen Studienergebnisse zum Wissen Berliner Schüler macht Befürchtetes zur Gewissheit: Jugendliche Hauptstädter wissen kaum etwas über DDR und Bundesrepublik. Nun kommt wieder die Zeit für reflexhafte Schuldzuweisungen. Wahlweise sind Schulen, Eltern, Medien oder Politik schuld. Gern gleich alle gemeinsam - und damit niemand. Doch gegen Unwissen lässt sich selbstverständlich etwas tun. Dass dies nur unzureichend geschieht, hat viele Gründe.

In vielen Schulplänen endet die deutsche Geschichte noch immer im Jahr 1945. Kalter Krieg, Teilung, Wiedervereinigung - die vergangenen sechs Jahrzehnte erscheinen in vielen Geschichtsbüchern als bloßer Epilog zum großen Sterben zuvor. Neue Lehrpläne zumindest höherer Schulklassen müssen her.

Ein engagierterer Umgang mit der gar nicht mehr so jungen Vergangenheit scheitert auch an duckmäuserischem Denken: Was darf "man" über die DDR sagen? Weit verbreitet ist die Angst, sich mit Urteilen der kollektiven Frei- oder Schuldigsprechung ganzer Staaten verdächtig zu machen. Vorauseilender Gehorsam selbst gegenüber bloß vermuteten Deutungsmächten hat eine lange deutsche Tradition.

Schulen sind nur ein Abbild dieser Angststarre. Jeder zweite 15- bis 17-Jährige hält die DDR nicht für eine Diktatur? Dann lasst uns streiten und fragen, worin solche Haltungen wurzeln. Neben Unwissen zählt dazu auch Nostalgie aus Orientierungslosigkeit. Dagegen hilft ein selbstbewusster Umgang mit den Errungenschaften aus 58 Jahren Bundesrepublik. Es war nicht alles schlecht damals.

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