Liebeserklärung
: Carlo Ancelotti

Der FC Bayern hat seinen Trainer geschasst. Der wird es gelassen nehmen. Er war schlicht zu groß für den Münchner EhrgeizVerein

Man könne ihn nicht infrage stellen, weder auf fachlicher Ebene noch auf menschlicher; wer das tue, verfolge keine guten Absichten. Wer das über den nach dem 0:3 gegen Paris Saint-Germain geschassten Bayern-Trainer Carlo Ancelotti gesagt hat? Paolo Maldini. Der hat seine gesamte Karriere beim AC Mailand verbracht – und dort acht lange Jahre mit Ancelotti zusammengearbeitet. Maldini darf also als glaubwürdiger Zeuge gelten.

Nun ist es aber so gewesen, dass es doch ein paar Bayern-Spieler gab, die böse Absichten gegen Ancelotti hegten. Plötzlich wurde die Trainerlegende auf fachlicher und menschlicher Ebene angezweifelt. Glaubt man den Kolportagen aus München, dann sei er, verglichen mit Pep Guardiola, ein taktischer Analphabet gewesen. Und als großer Spielerversteher habe er auch nicht überzeugen können. Das ist natürlich Mumpitz. Aber wenn die großen Stars bei wichtigen Spielen auf der Bank sitzen müssen, dann rumort es in einem Verein wie dem FC Bayern, und so ein Rausschmiss braucht halt seine Narrative. Carlo Ancelotti wird die üble Nachrede von Münchner Ehrgeizlingen nicht viel anhaben. Er hat ganz andere Sachen überlebt. Auch bei Real Madrid musste er gehen, obwohl er dort erfolgreich war. Im Laufe der Zeit hat er sich deshalb eine Gemütsruhe erarbeitet, die nur noch vergleichbar ist mit jener von Angela Merkel.

Das Ding mit Ancelotti und den Bayern war ein Missverständnis. Nachdem sich der Verein unter Pep Guardiola in eine Fußballneurose mit all ihren großen und auszehrenden Momenten hineingesteigert hatte, wollten sie einen bodenständigen Riesen. Wie es scheint, war Ancelotti schlichtweg zu groß für die Bayern-Bosse.

Wenn es nun in München nicht gepasst hat – was soll’s? Ein leckeres Bollito misto, dazu ein guter Rotwein, und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Beim AC Mailand sind sie eh schon ganz heiß auf den abgezockten älteren Herrn, der beim FC Bayern München seine halbe Verwandtschaft unterbekam. Das war Nepotismus in seiner schönsten Form – und wird „Carletto“ auch nach dem Rauswurf noch erfreuen. Markus Völker