Reform und Debüt: Transit schunkeln gemütlich weiter, NIAS lassen die Synthies quietschen

Haben Fleetwood Mac und Udo Lindenberg etwas gemeinsam? Nicht allzu viel, aber immerhin dies: Beide waren eine ganze Zeit lang nicht so wohl gelitten, wurden aber in den letzten Jahren umfassend rehabilitiert. NIAS und Transit haben sogar noch weniger gemeinsam, aber immerhin dies: Die einen erinnern an Fleetwood Mac, die anderen an Lindenberg.

Tatsächlich könnten die beiden Bands musikalisch wohl kaum unterschiedlicher sein: NIAS klingen so, als hätten sie die achtziger Jahre nur unter großen Mühen überstanden. Transit dagegen klingen nicht nur so, als hätten sie schon die siebziger Jahre nur mit knapper Not überlebt, sie waren damals tatsächlich schon dabei: Gegründet wurde die Band bereits im Jahr 1974 und fand schnell ein geregeltes Auskommen in der DDR, weil Sänger Egon Linde ein wenig so nuschelte wie der Kollege Lindenberg. Der war, weil BRD-Einwohner, bekanntlich persönlich verhindert, den Arbeiter-und-Bauern-Staat zu bespielen, aber das übernahmen dafür Transit, die trotz eigener Songs von den DDR-Bürgern gern als adäquater Ersatz angenommen wurden.

Das ging so lange gut, bis Lindenberg den „Sonderzug nach Pankow“ bestieg und auch die Ost-Kopie fortan nicht mehr so gut gelitten war im durchbürokratisierten Konzertbetrieb. Linde und Gitarrist Siggi Scholz hielten Transit trotzdem am Leben, erst die Wende gab ihrer Band – wie so vielen – endgültig den Rest. Linde verdiente sein Geld fortan mit dem Errichten von Wintergärten. Erst 2009 reformierten er und Scholz die Band, „Durchs Leben“ ist nun bereits das zweite Album mit neuen Liedern. Gleich im Auftakt fragt Linde: „Wir sind wieder on the road / manchmal frag ich: Tut das not?“

Darüber kann man tatsächlich trefflich streiten. Aber eins muss man zugeben: Transit sind dieser Tage ziemlich einzigartig. Solch ein gemütlich schunkelnder, aber sich trotzdem noch gefährlich gebender Rock wird einfach nicht mehr hergestellt, seit Toto ihre besten Zeiten hinter sich haben. Die Gitarren brummen wie ein mürrischer Kater und Linde singt vom „Rock-’n’-Roll-Zigeuner“, von den „wilden Rolling Stones“ und von den Helden, die täglich ihren Alltag besiegen müssen. Ja, die alten Zeiten waren nicht immer besser, aber auch nicht so schlecht, wie sie manchmal gemacht werden.

Im Gegensatz dazu sind NIAS so zeitgemäß, dass es quietscht – so wie die Synthies, mit denen das Duo auf seinem selbstbetitelten Debüt seine eingängigen Melodien intoniert. Geschickt verknüpfen Gitarrist, Sänger und Songschreiber Nikolaus Tillmann und Milan Vogel, der für Schlagzeug und Produktion zuständig ist, die Ästhetik von Zoot Woman mit der harmonischen Eleganz von Fleetwood Mac.

Dass aus diesem Konzept kein vollkommener Abklatsch geworden ist, das darf man durchaus als Leistung bezeichnen. Angesichts der Tatsache, dass ja bereits Zoot Woman ein erstes Eighties-Revival eingeleitet hatten, liefern NIAS eine extrem geschmeidige, wundervoll stilsichere Reminiszenz an jenes Jahrzehnt – auch wenn sie bloß aus dritter Hand stammt.

THOMAS WINKLER

■ Transit: „Durchs Leben“ (Buschfunk)

■ NIAS: „NIAS“ (Snowhite Universal), live am 16. 8. im Bi Nuu