Dauerthema Vorratsdatenspeicherung: Datensparsamkeit statt Überwachung!

Trotz EuGH-Urteil: Nancy Faeser will die Datensammelmöglichkeiten ausreizen. Diese Methode ist allzu bequem – und führt nicht zu weniger Kriminalität.

Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, wird während der Bundespressekonferenz fotografiert

Auch für Nancy Faeser muss Datensparsamkeit Pflicht sein Foto: dpa

Die Vorratsdatenspeicherung ist tot, es lebe die Vorratsdatenspeicherung. So könne man zusammenfassen, was diese Woche im Nachrichtensegment Innenpolitik/ Überwachung/ Zombiegesetze passiert ist. Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) müssen sich die Rich­te­r:in­nen langsam verschaukelt vorkommen, so oft wie sie mit der Vorratsdatenspeicherung belästigt werden. In Varianten, klar. Schließlich wollen sich die Po­li­ti­ke­r:in­nen unterschiedlicher europäischer Länder, die trotz der ablehnenden EuGH-Urteile immer wieder entsprechende Gesetze verabschieden, keine Kreativlosigkeit vorwerfen lassen müssen. Aber Beratungsresistenz – das schon.

Darauf weist auch hin, dass die Debatte direkt nach dem Urteil wieder losging: SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser will so viel an persönlichen Daten speichern, wie das Gericht gerade noch für legal erachtet. Als hätten In­nen­mi­nis­te­r:in­nen ein Abo auf die Forderung nach möglichst viel Überwachung.

Dabei ist Überwachung einfach nur die Methode des geringsten Aufwandes: die Methode derjenigen, die sich nicht die Mühe machen wollen, darüber nachzudenken, was gegen ein konkretes Problem – Diebstähle, Terrorismus, sexualisierte Gewalt an Kindern – helfen könnte. Die sich nicht die Mühe machen, über zielführende Alternativen nachzudenken. Über Mittel für Personal, Prävention, geeignete Instrumente der Strafverfolgung beispielsweise.

Stattdessen gibt es das übliche Portfolio: Kameras auf öffentlichen Plätzen, im öffentlichen Nahverkehr, auf Bahnhöfen, Fluggastdatenspeicherung, ausufernde Polizeidatenbanken, Erfassung biometrischer Daten, perspektivisch auch noch eine Chatkontrolle, die Credits gehen bei Letzterer in erster Linie an die EU-Kommission. Als würden mehr und größere Datensammlungen, als würde mehr flächendeckende Überwachung zu weniger Kriminalität führen. Dabei müsste politisch genau der gegenteilige Ansatz verfolgt werden: Sammlungen persönlicher Daten massiv zu reduzieren.

Risiko durch Datenlecks

Schon heute lassen sich die gesammelten Daten ob ihrer schieren Menge nicht mal immer auswerten. Und gegen Datenlecks, Sicherheitslücken, Hackerangriffen sind weder private noch staatliche Anbieter gefeit. Spätestens, wenn Daten in falsche Hände geraten, kann es sehr wehtun: Erpressung, Stalking, Identitätsdiebstahl, Deep-Fake-Pornos, in denen die Gesichter von Unbeteiligten aus Fotos täuschend echt hineinmontiert werden.

Das Zauberwort ist daher eines, das sogar in manchen Gesetzen steht: Datensparsamkeit. Das darf nicht nur für Firmen gelten, auch wenn bei der Durchsetzung noch ordentlich Spielraum ist. Sondern es muss ebenso Pflicht sein für den Staat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.