Urteil zu Equal Pay: Frauen steht der gleiche Lohn zu

Das Bundesarbeitsgericht gibt einer Frau recht, die ihren Ex-Arbeitgeber verklagte. Ein Mitarbeiter in gleicher Position verdiente 1.000 Euro mehr.

Eine Frau mit Sonnenbrille, vor ihr ist ein kleines Fähnchen zu sehen mit dem Text "equal pay day"

Langer Kampf um gleiche Löhne, hier beim Equal Pay Day 2014 in Berlin Foto: Stefan Boness/Ipon

BERLIN taz | Das Bundesarbeitsgericht hat am Donnerstag ein Grundsatzurteil in Sachen Equal Pay gefällt: Für die gleiche Arbeit soll der gleiche Lohn gezahlt werden. Konkret ging es um den Fall von Susanne Dumas, die zwischen 2017 und 2021 bei einer sächsischen Metallfirma in der Nähe von Dresden gearbeitet hatte und ihren ehemaligen Arbeitgeber auf die gleiche Bezahlung wie ihren kurz zuvor eingestellten männlichen Kollegen verklagte.

Dumas’ Kollege hatte die gleichen Qualifikationen wie sie – und bei den Gehaltsverhandlungen 1.000 Euro mehr in der Probezeit verlangt. Die bekam er auch. Dumas fand das durch Zufall heraus und entschied sich, vor Gericht zu gehen. Ihr ehemaliger Arbeitgeber, Photon Meissener Technologies GmbH, begründete das höhere Gehalt des Kollegen damit, dass der männliche Kollege besser verhandelt habe und bezog sich auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit.

Dumas, die mit der Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) klagte, führte die Equal Pay-Vorgabe der Europäischen Union an, die seit 1957 gilt: Gleiches Gehalt für die gleiche Leistung, so sieht es die Entgeltdiskriminierung in Artikel 157 im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor. Verrichten Männer und Frauen gleiche oder gleichwertige Arbeit, müssen Gehaltsunterschiede durch objektive arbeitsbezogene Kriterien wie Berufserfahrung oder Qualifikation begründet sein.

Das habe es in Dumas’ Fall nicht gegeben, befand das Gericht in Erfurt. Es gab ihr recht und sprach ihr 14.500 Euro entgangenen Lohn sowie eine Entschädigung in Höhe von 2.000 Euro zu.

„Lasst euch niemals die Butter vom Brot nehmen“

Wenn Frauen und Männer wie im verhandelten Fall bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt würden, begründe das die Vermutung der Diskriminierung wegen des Geschlechts, sagte die Vorsitzende Richterin Anja Schlewing laut dpa. Diese Vermutung könnten Arbeitgeber nicht mit dem Argument widerlegen, der Mann habe besser verhandelt oder er sei perspektivisch für einen Leitungsjob vorgesehen, so die Richterin.

„Seit 1949 steht es im Grundgesetz, heute ist es endlich in der Arbeitswelt angekommen: Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, sagte Dumas in einem Statement der GFF. „Ich widme diesen Erfolg meinen beiden Töchtern und stellvertretend allen Frauen in Deutschland. Seid mutig, seid laut und lasst euch niemals die Butter vom Brot nehmen!“

Auch die Rechtsanwältin Susette Jörk, die Dumas vor Gericht vertrat, zeigte sich begeistert: „Auf Fortschritte durch den Gesetzgeber oder Ar­beit­ge­be­r*in­nen warten wir leider seit Jahren vergeblich. Der heutige Durchbruch ist einmal mehr der Ausdauer einer mutigen Frau zu verdanken, die den Rechtsweg nicht gescheut hat.“

Tatsächlich kippte das Gericht die Entscheidungen der Vorinstanzen: Zunächst unterlag die Klägerin 2019 in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Dresden. Die Berufung wurde zwei Jahre später vom Landesarbeitsgericht Sachsen zurückgewiesen. Nach der Revision zog die Klägerin mit Unterstützung der GFF vor das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.

Gefällt wurde ein Grundsatzurteil

Mit dem Urteil fällte das Bundesarbeitsgericht ein Grundsatzurteil mit weitreichenden Auswirkungen: Fordert ein Arbeitnehmer mehr Lohn, muss der Lohn für Arbeitnehmer_innen mit gleicher Qualifikation im gleichen Maße steigen. Ist das nicht der Fall und betroffene Arbeitnehmer_innen ziehen vor Gericht, können diese sich am Urteil im Falle Dumas orientieren.

Erst Ende Januar hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass der Gender-Pay-Gap in Deutschland bei 18 Prozent liegt. Frauen verdienen durchschnittlich 20,05 pro Stunde – 4,31 Euro weniger als Männer (24,36 Euro). Begründet wird das damit, dass Frauen eher in prekären Berufen und in Teilzeit arbeiten, um Angehörige zu pflegen. Doch der sogenannte bereinigte Gender-Pay-Gap, der unterschiedliche Qualifikationsgrade, Ausbildungshintergründe und Alter herausrechnet, beträgt immer noch sieben Prozent.

Die GFF macht auf Studien aufmerksam, die zeigen, dass Frauen mit den gleichen Verhandlungsmethoden immer noch schlechter entlohnt werden als Männer. „Männer, die geschickt verhandeln, verhandeln also immer für die Frau ein Stück weit mit“, hieß es von der GFF Anfang der Woche. Das Urteil bewertet die GFF als „Durchbruch bei Equal Pay“.

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