Neue Asyldebatte: Populismus ohne Obergrenze

Die neuen Vorschläge von Union und FDP sind reines Wahlkampfgetöse – sie wecken unrealistische Erwartungen. Profitieren dürfte nur die AfD.

Ein Gabelstapler mit Wohncontainern.

Wohnen in Containern: Aufbau einer Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern Foto: Jens Büttner/dpa

Keine drei Wochen mehr, dann sind in Hessen und Bayern Landtagswahlen. Das ist der Hauptgrund, warum die Debatte über Flüchtlinge und „irreguläre Migration“ jetzt wieder so hochkocht. Union und FDP glauben, dass sie SPD-Innenministerin Nancy Faeser und die Grünen mit diesem Thema in die Ecke drängen und als naive Gutmenschen hinstellen können, denen die Ängste und Sorgen der „normalen“ Menschen egal sind. Die aktuellen Bilder aus Lampedusa spielen ihnen dabei in die Hände.

Tatsächlich kommen nicht nur in Italien, sondern auch in Deutschland wieder mehr Flüchtlinge an. Manche Kommunen stellt das vor Probleme, weil es etwa an Wohnraum fehlt; auch Schul- und Kitaplätze sind knapp. Das liegt aber vor allem daran, dass Deutschland zuletzt mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen hat. Zum Glück fordert bisher niemand, diese wieder zurückzuschicken – auch wenn das die Zahl der Geflüchteten in Deutschland theoretisch senken würde.

Stattdessen dreht sich die Debatte um die – deutlich weniger – Menschen, die derzeit aus anderen Ländern der Welt nach Europa kommen. Die meisten der Vorschläge, die Union und FDP jetzt machen, um ihre Anzahl zu senken, sind allerdings reines Wahlkampfgetöse. Eine Obergrenze für Asylanträge? Rechtlich unmöglich. Sach- statt Geldleistungen für Asyl­bewer­ber:in­nen? Eine Schikane, die nur den bürokratischen Aufwand erhöht und sich nicht bewährt hat. Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz? Vor allem teure Symbolpolitik, die dem Tourismus, Pend­le­r:in­nen und dem Warenverkehr schadet. Die Maghrebstaaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklären? Das mag Asylverfahren verkürzen, ändert aber nichts daran, dass mehr Menschen von dort kommen.

Es geht um besseres Management

So gesehen ist es ein geschickter Schachzug der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang, Nancy Faeser und die FDP daran zu erinnern, dass sie im Koalitionsvertrag mal vollmundig eine „Abschiebeoffensive“ angekündigt haben, die auf sich warten lässt, weil sich das eben nicht so einfach umsetzen lässt.

Genau das ist das Problem mit den ständig neuen Forderungen von Union und FDP: Sie wecken Erwartungen, die sich nicht erfüllen werden – und darum zu Enttäuschungen führen. Ehrlicher wäre es zu sagen, dass sich Fluchtmigration nicht komplett verhindern, sondern nur besser managen lässt. Ja, es gibt Probleme, aber keinen Grund zur Panik. Das aktuelle Krisengerede und ein populistischer Überbietungswettbewerb um die härteste Forderung nützen nur der AfD.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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