Verschärfung der Migrationspolitik: Mehr Härte bei Abschiebungen

Die Regierung will verschärfte Abschieberegeln beschließen. Schon jetzt wird mehr abgeschoben als im letzten Jahr – sogar nach Russland.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Deutschen bundestag

Will Abschieberegeln verschärfen: Innenministerin Faeser Foto: dts Nachrichtenagentur/imago

Am Wochenende hat Kanzler Olaf Scholz in einem Spiegel-Interview erklärt, dass Deutschland „endlich im großen Stil“ jene Menschen abschieben müsse, die kein Bleiberecht in Deutschland hätten. Um die Abschieberegeln zu verschärfen, hat Bundesinnenministerin Faeser am 11. Oktober einen Gesetzentwurf veröffentlicht.

Am Mittwoch soll das Kabinett den Entwurf beschließen, dann muss der Bundestag darüber entscheiden. Am Montag sagte Faeser der Rheinischen Post zudem, die Zahl der Rückführungen liege in diesem Jahr schon um 27 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. „Dennoch müssen wir Regelungen vorsehen, mit denen wir unser Recht konsequenter und schneller durchsetzen können“, sagte sie.

Tatsächlich wurden in diesem Jahr bis einschließlich September bereits 12.042 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Das erklärte ein Sprecher des BMI gegenüber der taz. Das sind über 1.300 Menschen jeden Monat. Zum Vergleich: im gesamten Jahr 2022 gab es insgesamt 12.945 Abschiebungen. Das waren etwa 1.079 Menschen pro Monat. Im Durchschnitt mussten damit in diesem Jahr jeden Monat etwa 260 Menschen mehr Deutschland per „Rückführung“ verlassen als im Jahr zuvor.

Die meisten Menschen, insgesamt 849, wurden in diesem Jahr nach Georgien abgeschoben. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger hervor, die der taz vorliegt. Weitere Ziele von Abschiebeflügen waren Nordmazedonien (774), Moldau (697), Albanien (646) und Serbien (550). An sechster Stelle steht die Türkei mit 509 Abschiebungen, danach kommt mit Spanien erstmals ein EU-Land: dorthin wurden 406 Menschen abgeschoben. Auch im vergangenen Jahr gingen die meisten Abschiebungen in den Balkan. Nordmazedonien war 2022 das Land, in das die meisten Menschen aus Deutschland „zurückgeschickt“ wurden.

Clara Bünger beobachtet die steigende Zahl der Abschiebungen mit großer Sorge. „Abschiebungen bedeuten, dass Menschen an Orte zurückgezwungen werden, an denen ihnen Krieg, Verfolgung, extreme Armut oder Perspektivlosigkeit drohen“, sagt die Linken-Politikerin. Anstatt Abschiebungen weiter mit repressiven Maßnahmen zu forcieren, wie es jetzt von fast allen Parteien gefordert werde, müsse eine wirksame Bleiberechtslösung her.

Kritisch äußerte sich auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP): Um die geplanten Rückführungen umzusetzen fehlten mehr als 300 Polizisten. Sollte es mehr Abschiebungen geben, brauchen wir mindestens diese Zahl an zusätzlichen Kräften“, sagte ihr Vorsitzender Jochen Kopelke. Abschiebungen nach Russland waren infolge des russischen Angriffskriegs ausgesetzt worden.

Einzelne Bundesländer versuchen inzwischen jedoch, damit wieder anzufangen. Drei Menschen wurden in diesem Jahr schon wieder nach Russland abgeschoben. Der Bund unterstützt diese Länder aber nicht dabei, „sodass etwaige Rückführungsmaßnahmen nur ohne bundespolizeiliche Begleitung durchgeführt werden können“, erklärt die Bundesregierung. Außerdem gebe es aufgrund der gegenseitigen Sperrung der Lufträume derzeit keine Direktflüge nach Russland.

Bereits im September hat die Bundesregierung beschlossen, Georgien und Moldau als sichere Herkunftsländer einzustufen, um Asylverfahren zu verkürzen und Abschiebungen dorthin zu erleichtern. Joachim Stamp (FDP), der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, drückt dabei aufs Tempo. Mit der Einstufung von Georgien und Moldau könne man rasch zu Migrationsvereinbarungen kommen.

Damit können Rücknahmeabkommen mit diesen Herkunftsländern vereinbart werden, damit sie abgelehnte Asylbewerber schneller zurücknehmen. Zugleich sollen diese Abkommen aber auch neue Wege für den legalen Zuzug etwa für Arbeitskräfte eröffnen. Gespräche über solche Abkommen gebe es neben Georgien und Moldau auch mit Kenia, Kolumbien, Usbekistan und Kirgistan, erklärte eine Regierungssprecherin kürzlich.

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