Erneuerung des globalen Finanzsystems: Die Weltbank braucht mehr Geld

Klimakrise, Hunger, Kriege: Das globale Finanzsystem muss erneuert werden. Währungsfonds und Banken beraten in Marrakesch, wie das klappen kann.

Weltbankchef Ajay Banga .

Ajay Banga, der neue Chef der Weltbank beim Treffen in Marrakesch Foto: Susana Vera/reuters

BERLIN taz | Naturkatastrophen, Armut, Hunger und immer wieder neu aufbrechende Krisenherde – die Hilferufe der betroffenen Länder an die internationale Gemeinschaft sind gewaltig. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) stehen unter Druck, deutlich mehr zu machen als bisher, um die globalen Krisen abzufedern. Nur wie, bei abnehmendem Wachstum? Darüber beraten gerade Weltbank und IWF auf ihrer Herbsttagung in Marrakesch.

Der IWF prognostiziert einen Rückgang des globalen Wachstums von 3,5 Prozent in diesem Jahr auf noch etwa 3,0 Prozent in den kommenden beiden Jahren. Trotz Inflation und hohen Zinsen, Krieg sowie den Nachwehen der Pandemie sei „die Chance auf eine weiche Landung“ aber gestiegen, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgieva. Sie hofft, dass die Inflation unter Kontrolle gebracht wird, ohne eine Rezession auszulösen.

Dann könnten sich die internationalen Finanzinstitutionen viel leichter auf die Hauptaufgabe ihres Treffens konzentrieren: die Reform des globalen Finanzsystems. Dessen Grundlage wurde vor knapp 80 Jahren mit der Gründung von IWF und Weltbank gelegt. Doch das System genügt den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts längst nicht mehr – daher wurde im vergangenen Jahr ein Reformprozess begonnen.

„Seitdem ist mehr passiert, als viele Akteure erwartet hätten“, lobt David Ryfisch von der deutschen Entwicklungsorganisation Germanwatch. Dies betrifft insbesondere die Weltbank. Diese hat ihre Aufgaben erweitert. Während bislang einzig die Bekämpfung der Armut im Fokus stand, soll nun auch für einen „lebenswerten Planeten“ gesorgt werden. Zudem geht die Weltbank nun größere Risiken ein. Das führt dazu, dass sie 40 Milliarden Dollar zusätzlich verleihen kann.

Weltbank soll wachsen

Das reicht Ajay Banga, dem neuen Chef der Weltbank, noch nicht: „Es gibt keinen Zweifel, dass wir eine größere Bank brauchen.“ Dazu sollen zum einen die bestehenden Mittel noch besser genutzt werden, etwa indem abrufbares Kapital zum Eigenkapital gerechnet wird. Zum anderen hofft Banga aber auch auf eine Kapitalerhöhung. Durch diese Maßnahmen könnte die Bank deutlich mehr Geld verleihen.

Allerdings: Die Mitberücksichtigung der Klimakrise macht auch enorme Summen an zusätzlichen Mitteln erforderlich. Die G20-Staaten schätzen, dass das jährliche Kreditvolumen aller Entwicklungsbanken für die Bekämpfung des Klimawandels von 130 Milliarden Dollar verdreifacht werden muss. Ob schon in Marrakesch eine Rekapitalisierung dieser Banken beschlossen werden kann, wird sich allerdings erst am Schluss der Tagung gegen Ende der Woche zeigen.

Ein weiterer Grund für den erhöhten Kapitalbedarf von IWF und der Entwicklungsbanken ist die Schuldenkrise. Rund ein Dutzend Länder kann bereits heute seinen Schuldendienst nicht mehr tragen. In Marrakesch könnte die Umschuldung der Verbindlichkeiten einiger dieser Länder wie Ghana, Sambia und Sri Lanka vereinbart werden. Bei weiteren Staaten besteht zudem die Gefahr, dass sie ebenfalls in eine Schuldenkrise geraten. Dazu gehören Argentinien, Pakistan, Kenia und Ägypten.

Zudem dürften die Zinsen in den Industriestaaten und damit auch im Rest der Welt „länger hoch“ bleiben als erwartet, warnt Banga. Das ist insbesondere für ärmere Länder ein Problem, da sie regelmäßig alte durch neue Kredite ersetzen müssen. Trotz der erwarteten „weichen Landung“ der Weltwirtschaft droht vielen Länder daher ein jäher Absturz. Ob die Reform von IWF und Weltbank dagegen helfen kann, ist fraglich.

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