Krieg in Nahost: Gaza-Stadt in Händen Israels

Nach israelischen Angaben hat die Armee Regierungsgebäude im Gazastreifen übernommen. Die Lage in den Kliniken bleibt prekär.

Der Sprecher des israelischen Militärs, Konteradmiral Daniel Hagari, gestikuliert, als er in den von Hamas-Kämpfern genutzten Wohnräumen im Keller des Rantissi-Krankenhauses steht

Armeesprecher Hagari zeigt ein mutmaßliches Waffenlager im Keller eines Kinderkrankenhauses Foto: Israel Defense Forces/via reuters

BERLIN taz | Israel hat weite Teile Gaza-Stadts erobert. Hinweise, dass sich eine Kapitulation der im Gazastreifen herrschenden Hamas abzeichnet, gibt es bislang jedoch nicht, auch wenn Israel angibt, die Terrorgruppe habe „die Kontrolle in Gaza“ verloren. Nach israelischen Angaben hat die Armee mehrere Regierungsgebäude und das Polizei-Hauptquartier in Gaza-Stadt übernommen. Unter anderem gelangte am Dienstag ein Foto an die Öffentlichkeit, das zeigt, wie Soldaten im Polizei-Hauptquartier mit einer israelischen Flagge posieren. Am Vorabend kursierte in den sozialen Netzwerken ein Foto von schwer bewaffneten israelischen Soldaten im Parlamentsgebäude der Stadt.

Mitten in der Kampfzone liegen mehrere Krankenhäuser, die entweder außer Betrieb sind oder in denen die Lage seit Tagen katastrophal ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte am Dienstag mit, dass die wichtigste Klinik in Gaza, das Al-Schifa-Krankenhaus, weiterhin in Betrieb sei. „Für uns ist es wegen des heroischen Einsatzes des verbleibenden Personals ein funktionierendes Krankenhaus“, sagte Sprecherin Margaret Harris in Genf.

Gazas Krankenhäuser sind in dreifacher Hinsicht zentral: Zum einen haben Tausende Zi­vi­lis­t*in­nen dort Zuflucht gesucht, im Glauben, dass die Krankenhäuser nicht angegriffen werden. In Al-Schifa etwa befinden sich laut UN-Nothilfeorganisation Ocha noch 1.500 Schutzsuchende. Zum anderen harren weiter Pa­ti­en­t*in­nen und Personal in den Krankenhäusern aus, in Al-Schifa 600 bis 650 Pa­ti­en­t*in­nen zusätzlich zu mehreren hundert Bediensteten. Und schließlich wirft Israel der Hamas vor, die Krankenhäuser militärisch zu nutzen.

„Krankenhäuser als Kriegsinstrument“

Seit Tagen veröffentlicht die israelische Armee Material, das beweisen soll, dass die Hamas die Einrichtungen als eine Art Schutzschilde vor Angriffen missbraucht. Armeesprecher Daniel Hagari, der aktuell selbst in Gaza-Stadt ist, präsentierte Aufnahmen, die ein Waffenlager der Hamas zeigen sollen, das im Keller des Kinderkrankenhauses Al-Rantisi gefunden worden sei. „Die Hamas benutzt Krankenhäuser als Kriegsinstrument“, sagte er.

In einem anderen Video werden unter anderem eine Babyflasche, eine Toilette und ein Seil gezeigt, die darauf hinweisen sollen, dass in dem Keller Geiseln festgehalten wurden. Als „völlig bizarr“ bezeichnete dies der Analyst Charles Lister, Direktor des Terrorismus- und Extremismus-Programms am Middle East Institute in Washington, USA. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben von vor Ort derzeit nicht.

Feststeht, dass sich die Lage in den Krankenhäusern immer weiter zuspitzt. In Al-Schifa seien aufgrund der Umstände innerhalb von 24 Stunden zwanzig Pa­ti­en­t*in­nen gestorben, sagte WHO-Sprecherin Harris, „wir betteln um eine Feuerpause“. Die Hamas nutzte derweil Neugeborene in dem Krankenhaus für eigene Zwecke aus und veröffentlichte Fotos von mehreren Babys, die offenbar in Gefahr schwebten. Mehrere Frühchen sind laut dem von der Hamas geführten Gesundheitsministerium bereits gestorben. Israel kündigte als Reaktion am Dienstag an, 37 Brutkästen nach Gaza zu liefern. Unklar blieb allerdings der Sinn dahinter, da die in den Häusern bereits vorhandenen Brutkästen wegen Strommangels ausgefallen sein sollen.

Während die Zahl der Toten auf palästinensischer Seite über 11.000 liegen soll, kostet die Bodenoffensive auch auf israelischer Seite immer mehr Leben. Die Armee teilte am Dienstag mit, dass 46 Sol­da­t*in­nen bei Kämpfen getötet worden seien. Auch der Beschuss aus Gaza auf Israel geht – mit verminderter Intensität – weiter. Am Dienstag sollen zwei Menschen in Aschkelon durch eine Rakete verletzt worden sein. Im Westjordanland sollen bei der Zerstörung eines Sprengstofflabors durch die israelische Armee sieben Palästinenser getötet worden sein.

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