Verdacht auf illegale Parteispenden: AfD will keine „Blaue Welle“

Das rechtsextreme Compact-Magazin plante eine AfD-Kampagne. Nun zeigen interne Mails: Die Partei darf die Geschenke wohl nicht annehmen.

Jürgen Elsässer posiert mit einem Plakat des Compact-Magazins

Jürgen Elsässer und sein Compact-Magazin Foto: Stefan Boness/Ipon

BERLIN taz | Eine blaue Welle hat der Rechtsextremist und Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer für 2024 angekündigt. Einen „Tsunami“ gar, um der AfD im Superwahljahr bei der „Entmachtung der Altparteien“ zu helfen. Seit Oktober 2023 sammelte Elsässer mit seinem Magazin Spenden unter anderem für eine große mobile Bühne, mit der er in verschiedenen Städten Veranstaltungen mit AfD-Politiker*innen vor den Kommunal-, Europa- und den Landtagswahlen im Osten durchführen wollte. 90.000 Euro sollte die Technik kosten, die Hälfte will Elsässer schon eingesammelt haben, erste Termine mit AfD-Politikern waren bereits angekündigt.

Blöd nur, dass auch Sachleistungen wie das Überlassen von Veranstaltungstechnik in der Bundesrepublik als verdeckte Parteispende gelten können. Seitdem die Linken-Abgeordnete Martina Renner auf die Elsässer-Kampagne aufmerksam gemacht hat, berichtete unter anderem das ARD-Magazin Kontraste, dass die AfD in Befürchtung des nächsten Parteispendenskandals vorsorglich rechtliche Schritte wie eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung gegen Elsässer prüfe und die Spenden entsprechend ablehnen wolle. Tatsächlich führt die Bundestagsverwaltung eine „Sachverhaltsklärung“ durch, will währenddessen aber keine Auskünfte erteilen, wie es auf taz-Anfrage heißt.

Der taz liegt nun die rechtliche Einschätzung der AfD zum Fall vor – und die sieht nicht gut für Elsässer aus. So schreibt Bundesgeschäftsführer Hans-Holger Malcomeß in einem Schreiben an Elsässer von einem „wesentlicher Ausschlussgrund“, der eine „Annahme“ verunmögliche: „Wenn Ihr Unternehmen selbst Spenden einsammelt, und diese Spenden dann gesammelt an unsere Partei zum Beispiel als Sachzuwendung in Form einer Bühne, Technik usw. weiterleiten möchte, gälten diese zusammengefassten Spenden automatisch als anonyme Zuwendungen von Dritten – was grundsätzlich nicht zulässig und potentiell strafzahlungsbewehrt wäre.“

Elsässer hatte zuvor den Bundesgeschäftsführer gebeten, die Mitglieder des Bundesvorstands darüber zu informieren, dass man die Veranstaltungsreihe des „Compact Magazins GmbH“ einfach als Großspende gegenüber der Bundestagspräsidentin anzeigen könne. Die Partei müsse nichts bezahlen, wenn sie die Spende anzeige, schreibt Elsässer per Mail. Der Bundesvorstand hat am Montag darüber diskutiert – im entsprechenden Tagesordnungspunkt heißt es: „Wir müssen entweder von COMPACT die Unterlassung der Veranstaltungsreihe ‚Die Blaue Welle rollt‘ verlangen oder den Wert dieser Veranstaltungsreihe in Geld an die Bundestagspräsidentin abführen. Andernfalls droht uns eine Strafzahlung in dreifacher Höhe.“

Elsässer bekommt einen Korb

Entsprechend will die Parteiführung Elsässer einen Korb erteilen: „Eine bloße Anzeige würde dann ausreichen, wenn wir die Spenden annehmen dürften. Das dürfen wir aber nicht, und zwar weil es sich erkennbar um die Weiterleitung von anonymen Spenden handelt“, heißt es vom „Stabsbereich Recht“ im AfD-Schreiben an Elsässer.

Allerdings bleibt die Frage, ob die AfD den Kopf rechtzeitig aus der Schlinge gezogen hat. Denn einige der Compact-Veranstaltungen waren bereits geplant, inklusive der Ankündigung von AfD-Prominenz. Nach Bekanntwerden der möglichen Affäre um die mutmaßlich verdeckten Parteispenden sind die AfD-Politiker von den Veranstaltungsankündigungen klammheimlich wieder verschwunden.

Im brandenburgischen Velten sollten die ehemalige Landesvorsitzende Birgit Bessin und weitere AfD-Redner auftreten, im thüringischen Mühlhausen der Rechtsextremist Björn Höcke und der Sonneberger AfD-Landrat Robert Sesselmann. Angemeldet war die dortige Veranstaltung laut „Endstation Rechts“ sogar als Parteiveranstaltung des AfD-Politikers Ronny Poppner.

Erschwerend kommt hinzu: Für die Veranstaltung am 30. März in Velten ist auch weiterhin das AfD-Mitglied Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein angekündigt. Die hatte die AfD wegen zahlreicher rechtsextremer Verbindungen aus der Partei ausgeschlossen. Ihr Ausschluss war allerdings unwirksam, weil die Partei ihr kein rechtliches Gehör einräumte: Kürzlich hat sich von Sayn-Wittgenstein erfolgreich wieder eingeklagt und gehört nun Alice Weidels Landesverband Baden-Württemberg an.

Compact wirbt nun in der Ankündigung damit, dass von Sayn-Wittgenstein nach „fünfjährigem Rechtskampf“ zurück „in den Reihen der Blauen“ sei und sie in Velten ihren ersten Auftritt haben werde. Mit ihrer Teilnahme an der Elsässer-Veranstaltung zusammen mit dem ausgeschlossenen Ex-AfDler André Poggenburg sorgt sie nun für neuen Stress in der AfD.

Compact-Konto gekündigt

Das Compact-Magazin ist schon seit langem ein wichtiger Resonanzraum und Multiplikator für die AfD. Elsässer macht großflächig Werbung für die Partei und bietet ihr auch publizistisch die größtmögliche Bühne – kritische oder professionelle Distanz Fehlanzeige. Auf AfD-Parteitagen ist das Magazin häufig mit Ständen vertreten. Als der Müllermilch-Milliardär Theo Müller angibt mit Parteichefin Alice Weidel befreundet zu sein, macht Compact sogar Werbung für die klebrige Zuckermilch. Geschmacklosigkeit hat Prinzip bei Compact: Das Magazin bemüht auch einen Führerkult um Höcke und verkauft im Compact-Shop Höcke-Silbertaler.

Die Kampagne um die braun-blaue Welle ist allerdings zum Problem geworden: Das von Compact angegebene Spendenkonto für die „Blaue Welle“ bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse hat die Bank mittlerweile gekündigt, ein Problem könnte dabei gewesen sein, dass mit dem indirekten Spendenaufruf für die AfD gegen den Kontozweck verstoßen worden sein soll, wie t-online berichtete. Nach jahrelanger Kritik ist das seit 2021 als „gesichert rechtsextrem“ eingestufte Magazin im Februar aus dem Bahnhofsbuchhandel verschwunden.

Es wäre nicht der erste Parteispendenskandal der AfD. Wegen illegaler Spenden musste die extrem rechte Partei bereits immense Strafzahlungen leisten: Neben einer millionenschweren anonymen Werbekampagne für die AfD gab es unter anderem Spendenskandale um den ehemaligen Parteivorsitzenden Jörg Meuthen sowie die aktuelle Parteichefin Alice Weidel.

Partei schreibt an Elsässer

Mittlerweile liegt der taz auch ein schriftliches „Unterlassungsverlangen“ der AfD gegen Compact vor. In dem Schreiben heißt es, dass man die Veranstaltungsreihe mit der jetzigen Form der Ankündigung „effektiv als Wahlwerbung“ für die AfD werte: „Diese Parteispende wollen wir nicht annehmen“, schreibt die Bundesgeschäftsstelle an Elsässer.

Des Weiteren verlangt die AfD, dass Bilder von „Kandidaten und Funktionsträgern“, der Partei und des Logos nicht auftauchen dürften. „Zur Vermeidung weiterer rechtlicher Schritte müssten Sie sich uns gegenüber ausdrücklich zur Unterlassung und zur Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichten“, verlangt die AfD. Ihre eigenen „Kandidaten und Funktionsträger“ seien aufgefordert, nicht bei den Compact-Veranstaltungen aufzutreten. Man setze Elsässer für die Unterzeichnung der Unterlassungserklärung eine Frist bis zum 4. April.

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