Parlamentarier bald ein wenig gläserner

Bundestagsabgeordnete sollen Rot-Grün zufolge demnächst alle Verträge mit Unternehmen veröffentlichen. Dies sieht eine gemeinsame Vereinbarung für ein Gesetz vor. Jetzt sollen CDU und FDP auch ins Boot. Das dürfte schwierig werden

BERLIN taz ■ Ein bisschen gläserner soll der Abgeordnete schon werden. Wird ein Gesetz aus den Eckpunkten, auf die sich SPD und Grüne zur Frage der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten festgelegt haben, müssten die Parlamentarier tatsächlich genauer Auskunft geben über alles, was sie neben den Diäten verdienen: Also haupt- wie nebenberufliche Einkünfte und wichtige Beteiligungen an Unternehmen. Zweifelhaft ist aber, ob auf dieser Grundlage die Opposition mitmacht. Heute Mittag loten die parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen die Chancen für eine Einigung aus.

Die Vorstellungen von Rot-Grün gehen relativ weit. Den Eckpunkten zufolge sollen nicht nur Unternehmensbeteiligungen über 25 Prozent, sondern auch alle Verträge über Beratung, Vertretung oder ähnliche Tätigkeiten mitsamt Einkünften und geldwerten Vorteilen dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden. Letztere aber nur, wenn sie einen Mindestbetrag überschreiten. Der soll aber von derzeit 3.000 Euro monatlich „deutlich abgesenkt“ werden.

Gerade „Berater“-Tätigkeiten spielen in der Debatte darüber, ob und wofür Parlamentarier von der Wirtschaft bezahlt werden, eine besondere Rolle. Denn die Vermutung, ein Politiker missbrauche sein Mandat, wenn er nebenbei einen Konzern „berät“, liegt zumindest nahe.

Die jeweiligen Vertragspartner sollen auch auf der Homepage des Bundestages veröffentlicht werden, die Höhe der Einkünfte allerdings nur in „pauschalierter Form“ in drei Stufen: Bis zur Hälfte der Bundestagsdiäten (zur Zeit gut 7.000 Euro), in Höhe der Diäten und darüber hinaus. Dies könnten auch Anwälte, Berater und andere Freiberufler mittragen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, der taz. Für ihn ein „dramatischer Fortschritt bei der Transparenz“.

Allerdings ist gerade die komplette Veröffentlichungspflicht aller Verträge bei SPD und Grünen lange diskutiert worden. So gab es auf den Fraktionssitzungen am Dienstagabend auch noch Protest gegen die Eckpunkte – der überstimmt wurde. In Verhandlungskreisen der Opposition wurde auf taz-Anfrage gerade die Veröffentlichungspflicht der Mandate von Anwälten und Beratern weiterhin als „rechtswidrig“ eingestuft. Auch gebe ein Unternehmer, der sein Einkommen im Jahr X mit „über den Diäten“ und im Jahr Y mit „bis zur Höhe der Diäten“ angebe, der Konkurrenz unfreiwillige Einblicke in die Geschäftslage.

Für die Kampagnenplattform „campact“, die gemeinsam mit Transparency Deutschland, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und den Globalisierungskritikern von Attac für das Offenlegen von Nebeneinkünften eintritt, ist der rot-grüne Plan ein Schritt zu mehr Transparenz. Allerdings müssten bei der Höhe der Einkünfte differenziertere Stufen eingeführt werden, sagte campact-Geschäftsführer Günter Metzges der taz. Gerade im unteren Bereich sei es bedeutsam, ob ein Abgeordneter wenige hundert Euro oder gut 3.000 Euro von einem Unternehmen monatlich erhält. Ein Gesetzentwurf soll laut Rot-Grün im März vorliegen. STEFAN KOSCH
ULRIKE WINKELMANN