Strukturelle Schwierigkeiten

Der Ausstieg der Kölner Feminale bedroht den Fortbestand des Internationalen Frauenfilmfestivals IFFF – und zeigt, wie schwer sich Frauen tun, Netzwerke aufzubauen

Wenn das Internationale Frauenfilmfestival IFFF am 21. April in Dortmund eröffnet wird, hat sein diesjähriges Schwerpunktthema „Freiheit“ ein unschönes Nebengeräusch. Mit rund hundert Filmen wollen die Veranstalterinnen danach fragen, was der Begriff heute für Frauen bedeutet. Doch kurz vor dem Start nahm sich ein Teil von ihnen die Freiheit, den Ausstieg aus dem Projekt zu erklären.

Seit 2004 sind die Feminale e.  V. Köln und femme totale e.  V. Dortmund, die Träger der beiden ältesten und renommiertesten deutschen Frauenfilmfestivals, von ihren regionalen Geldgebern beauftragt worden, ihre Synergieeffekte zu bündeln, einen neuen Trägerverein zu gründen und jährlich abwechselnd in Köln und Dortmund ein gemeinsames Unternehmen namens Internationales Frauenfilmfestival IFFF zu stemmen. Jetzt jedoch erklärte der Vorstand der Feminale auf seiner Website lapidar, dass die Zusammenführung gescheitert sei. Dies ist für Außenstehende auch deshalb verwunderlich, weil auf der Grundlage der Fusion bereits 2006 und 2008 in Köln und 2007 in Dortmund erfolgreiche IFFFs stattfanden.

Am Umfang und Ablauf des bevorstehenden Filmfestes 2009 in Dortmund wird diese Entscheidung nichts ändern, betont die Pressesprecherin Stefanie Görtz. In einer Erklärung der Dortmunder Fraktion heißt es zudem, dass die Vorbereitungen für die alternierende Kölner Veranstaltung im nächsten Jahr weiterlaufen, denn auch nach der Austrittserklärung des Feminale-Vorstands arbeiten weiterhin Kölner Filmwissenschaftlerinnen und Programmgestalterinnen für das IFFF. Sie stimmen mit den Dortmunderinnen darin überein, die verordnete Kooperation pragmatisch zu begreifen und mit den von Beginn an schwierigen Konflikten der Fusion moderat umzugehen.

Carla Despineux vom ausgetretenen Feminale-Vorstand wirft dagegen dem IFFF-Konstrukt einen prinzipiellen Mangel an Parität in den neu geschaffenen Trägergremien vor, aber auch die Übernahme und Abschleifung von charakteristischen Programmschwerpunkten, auf deren Copyright (etwa für das Quer-Blick-Programm mit experimentellen schwul-lesbischen Filmen) sie selbst beziehungsweise die Feminale als Kuratorin besteht. Der Streit zeigt aus Kölner Sicht, wie die Zwangsfusion gewachsene Strukturen zerstört. Er belegt aber auch die altbekannte Schwierigkeit von Frauen, Netzwerke aufzubauen und für deren Vorteile Kompromisse einzugehen.

Beide Vorläuferfestivals verdanken sich lokalen Initiativen von Kinomacherinnen, Filmregisseurinnen und Medienarbeiterinnen. Die Feminale wurde 1984 von Studentinnen der Universität Köln ins Leben gerufen und setzte sich thematisch immer wieder mit feministischer Theorie und Geschichte auseinander. Jahrzehntelang arbeitete sie auf der Grundlage jährlicher Projektanträge, also chronisch unsicher und unterfinanziert. Daraus resultiert ein gewisser Stolz, der Stadtverwaltung durch permanenten Kampf Mittel für die dezentrale Kulturarbeit abzutrotzen. In diesem Sinne fühlen sich die Feminale-Frauen traditionell ihrem Netzwerk Kölner Kino-Initiativen verpflichtet und verweisen darauf, dass sie sich das ganze Jahr hindurch als Programmkuratorinnen betätigen .

Anders die Dortmunder Situation: Dort unterstützt die Stadt femme totale schon länger mit zwei festen Stellen und einem Büro. Die Festivalleiterin Silke J. Räbiger konnte so konsequente Lobbyarbeit für die Frauenfestival-Idee betreiben. Thematische Schwerpunkte waren unter anderem auch die Filmberufe von Frauen, für die Dortmund Workshops anbietet.

Die Fusion sollte die Dortmunder Ressourcen und Beistellungen nutzen, und genau dies war trotz des austarierten Budgets von 450.000 Euro für beide Teilfestivals und trotz vieler Moderationsversuche ein Anlass zum fortdauernden Argwohn der Kölnerinnen. Sie fürchten die allmähliche Austrocknung der Kölner Szene durch das vom Land NRW, den Städten Köln und Dortmund und der mächtigen NRW-Filmstiftung gepushte Leuchtturmprojekt IFFF. Der Feminale-Ausstieg könnte dazu führen, dass die Stadt Köln ein aus Dortmund importiertes Festival kofinanziert. Das träfe das lädierte Kölner Selbstwertgefühl nachhaltig, spekuliert der Kölner Vorstand. Doch wie es aussieht, wird das IFFF-Projekt auch ohne sie ein Erfolg. CLAUDIA LENSSEN