Botschafter des Papstes gegen Kopftuchverbot

Erzbischof Ender widerspricht der Forderung der eigenen Kirche, Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs zu untersagen

BERLIN taz ■ Wenn der Staat Kreuz und Ordenstracht duldet, darf er das Kopftuch nicht verbieten. Dies fordert jetzt Nuntius Erzbischof Erwin Josef Ender. „Man sollte vielleicht von einem Kleidungsstück nicht so viel Aufhebens machen“, sagte der Botschafter des Papstes in Deutschland der taz.

Das sei jedoch seine „rein private Meinung“, betonte der Vatikan-Gesandte. Schließlich widerspricht seine Aussage den Forderungen eines anderen Kirchenorgans: Erst Anfang Januar hat sich das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) dafür ausgesprochen, verbeamteten Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs als politisches Zeichen zu untersagen. Zwar hätte das ZdK lieber im Einzelfall entschieden. Dies aber sei nicht mehr möglich, da das Bundesverfassungsgericht landesgesetzliche Regelungen vorgeschrieben habe, so das Komitee.

Unangefochten ist die Forderung nach einem Kopftuchverbot auch innerhalb der katholischen Amtskirche nicht. Kardinal Karl Lehmann etwa, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, votierte am Samstag für eine Gleichbehandlung der Religionen durch den Staat. Der Gesetzgeber dürfe nicht eine Religion bevorzugen, sondern müsse die Glaubensfreiheit stärken, die das Grundgesetz verbürgt.

Auch bei den Protestanten gibt es eine Mehrheitsmeinung – und fast ebenso viele Gegenstimmen. Bischof Wolfgang Huber etwa, Ratsvorsitzender und oberster Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland, möchte das Kopftuch als „antidemokratisches Zeichen“ verboten sehen, das man nicht mit dem Kreuz gleichstellen dürfe. Auch die Bischöfin von Hannover, Margot Käßmann, plädiert für gesetzlichen Zwang: Verhülltes Haar gehöre nicht ins Klassenzimmer. Schließlich sei das Kopftuch „kein eindeutiges, sondern ein schillerndes Symbol“. Ebenso deutlich aber votieren die Bischöfin von Hamburg, Maria Jepsen, sowie jene von Lübeck, Bärbel Wartenberg-Potter, gegen ein Verbot.

Die unterschiedlichen Meinungen sind symptomatisch dafür, wie zwiespältig die Kirchen den Streit für oder wider ein Kopftuchverbot betrachten. Untersagt man allein das islamische Kopftuch, könnte das die Position der Kirchen stärken. Immerhin würde christlichen Symbolen ein Sonderrecht zugebilligt. Andererseits befürchten Kirchenvertreter, der Gesetzgeber könnte sämtliche religiösen Zeichen aus den Schulen verbannen. Dies aber wertet das ZdK als Schritt in eine „religionslose Gesellschaft“, den es nicht widerspruchslos hinnehmen werde.

Auch Erzbischof Ender warnt vor den logischen Folgen eines einseitigen Verbots: „Aus demselben Prinzip der Gleichbehandlung aller Religionen könnten bald auch die Glocken verboten werden, weil man dem Muezzin nicht erlaubt, morgens vom Minarett zum Gebet aufzurufen.“ GES/ COS