RUMSFELD SICHERT SICH GEGEN ERFOLGREICHE IRAK-INSPEKTIONEN AB
: Völlige Abrüstung ist unmöglich

Kaum machen die Inspektionen im Irak deutliche Fortschritte, erinnert sich US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wieder daran, dass UN-Kontrollen ohnehin nichts bringen. Auf diese Weise stimmt die US-Regierung sich und den Rest der Welt darauf ein, auch bei weiterhin erfolgreicher Abrüstung des Irak einen Krieg zu legitimieren. Damit ist eine Falle für die kriegsskeptischen Regierungen gebaut, und es besteht die Gefahr, dass sie hineintreten.

Denn selbst wenn Hans Blix eines Tages von der Kooperation des Irak überzeugt ist, nie wird der Chefinspektor sagen können, dass er für die vollständige Abwesenheit aller Chemie- und Biokampfstoffe garantieren kann. Das muss nicht unbedingt etwas mit dem diktatorischen Regime in Bagdad zu tun haben – es ist schlicht unmöglich, die Abwesenheit einer Sache mit hundertprozentiger Sicherheit zu bescheinigen. Auf das Risiko unentdeckter Kampfstoffe wird sich die US-Regierung immer berufen können. Das Ziel der Inspektionen und Abrüstungsverpflichtungen seit dem Golfkrieg 1991 gerät dabei völlig aus dem Blickfeld. Denn es kann nur darum gehen, die potenzielle Bedrohung durch das damalige Arsenal des Irak zu reduzieren.

Eine Bedrohung ergibt sich aber nicht allein aus den Grundstoffen einer Waffe. Neben der Motivation, sie einzusetzen, muss auch die Fähigkeit vorhanden sein, die Kampfstoffe zu militärischen Waffen zu machen. Unter den derzeitigen Bedingungen ist es aber wenig realistisch anzunehmen, dass Irak dazu in der Lage ist. Solange Inspektoren sich im Land bewegen und das Land aus der Luft überwacht wird, sind die Vorbereitungen für einen massiven Einsatz der Waffen praktisch undenkbar. Auf den rethorischen Präemptivschlag Rumsfelds gibt es deshalb eine Antwort: Bei den Inspektionen kann es nicht um eine kurzfristig zu erledigende Aufgabe, sondern um eine möglicherweise auf Jahre angelegte Maßnahme gehen. Während dieser Zeit ist das irakische Waffenpotenzial nicht einsetzbar – und deshalb für niemanden eine Bedrohung. ERIC CHAUVISTRÉ