Tierrechtler frei

Nach drei Monaten Untersuchungshaft kommen neun österreichische Tierrechtler frei. Ermittelt wird weiter

WIEN taz ■ Neun Tierrechtler, die 106 Tage in Österreich in Untersuchungshaft gesessen hatten, sind am Dienstag überraschend freigelassen worden. Die Ermittlungen gegen eine „kriminelle Vereinigung“ wurden aber nicht eingestellt.

Am Wochenende hatte Grünen-Chef Alexander van der Bellen mit der Nachricht überrascht, seine Partei werde den inhaftierten Tierrechtler Martin Balluch auf ihre Liste für die Nationalratswahl setzen. Damit sollte ein Signal gegen die von Grünen und Menschenrechtsaktivisten als völlig unverhältnismäßig betrachtete Behandlung der Tierschützer gesetzt werden. Der Grünen-Abgeordnete Peter Pilz hatte letzte Woche Sitzungsprotokolle aus dem Innenministerium vorgelegt, die beweisen, dass die Behörden auf Wunsch von Textilunternehmern besonders hart vorgingen.

Die Eigentümer der Textilkette Kleiderbauer hatten vor zwei Jahren nach einer Sachbeschädigung mit Farbe an einem Auto beim damaligen Innenminister Günther Platter, ÖVP, interveniert. Zwei Tage später traten die Spitze von Polizei und Staatsschutz zusammen, um Maßnahmen gegen drohende Demonstrationen von Tierrechtsorganisationen zu beraten. Aber obwohl eine eigene Sonderkommission ein Jahr lang die schärfsten Instrumente – großer Lauschangriff, Observationen, Spitzel – einsetzte, gelang es nicht, den Tierschützern ein Buttersäureattentat in einer Pelzfiliale und eine eingeschlagene Auslagenscheibe bei Kleiderbauer nachzuweisen. Trotzdem nahm die Polizei im vergangenen Mai zehn Aktivisten fest und beschuldigte sie, einer kriminellen Vereinigung anzugehören.

Die Freilassung nach mehr als drei Monaten begründete die Oberstaatsanwaltschaft mit der „drohenden Unverhältnismäßigkeit“ von U-Haft und möglichem Strafausmaß. Martin Balluch erhob nach seiner Freilassung schwere Vorwürfe. Er sei unter Druck gesetzt worden, Dinge zu gestehen, die er nicht getan habe. RALF LEONHARD