+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland attackiert mit 75 Drohnen

Kyjiws OB Klitschko sprach vom bisher „schwersten Drohnenangriff“ auf die Hauptstadt. Derweil hat Präsident Selenski einige Nationalgarde-Generäle entlassen.

Ein zerstörter Innenraum eines Kindergartens. Auf dem Boden liegt eine große Plüschfigur. Eine Frau räumt Sachen weg

Ein Kindergarten in Kyjiw nach den jüngsten Drohnenangriffen der russischen Armee Foto: Valentyn Ogirenko/reuters

Baerbock: Ukraine in absehbarer Zeit in der EU

Außenministerin Annalena Baerbock hat auf dem Grünen-Parteitag in Karlsruhe zur Stärkung der Europäischen Union aufgerufen, aber auch Reformen angemahnt. „Europa ist unsere Lebensversicherung“, sagte Baerbock am Samstag in der Debatte über das Programm der Grünen für die Europawahl 2024. Die gelte insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

„Heute ist klar, dass die Ukraine in absehbarer Zeit die EU verstärken wird“, sagte Baerbock. Dies sei „in unserem eigenen geopolitischen Interesse“. Nachdrücklich bekannte sie sich auch zu weiterer Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland, auch militärisch. Ebenso müsse die EU-Perspektive auch gelten für die Republik Moldau, für Georgien und die Länder des westlichen Balkans. „Es darf keine Grauzonen in Europa mehr geben“, sagte die Außenministerin. (afp)

Russische Angriffe mit 75 Drohnen

Russland hat Kyjiw in der Nacht zum Samstag nach ukrainischen Angaben erneut mit Drohnen angegriffen. Fünf Menschen seien verletzt worden, darunter auch ein elf Jahre altes Kind, schrieb Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram. Mit Blick auf den Luftalarm, der insgesamt sechs Stunden lang herrschte, sprach er vom „schwersten Drohnenangriff“ auf die ukrainische Hauptstadt seit Kriegsbeginn.

Klitschko berichtete auch von Trümmern abgeschossener Drohnen, die abgestürzt seien. Dadurch seien an mehreren Stellen Brände ausgebrochen, unter anderem in einem Wohngebäude und einem Kindergarten. Nach Angaben der Militärverwaltung in Kyjiw brach infolge von abstürzenden Trümmerteilen in einem unbewohnten Areal ein Feuer auf 100 Quadratmetern Fläche aus. Zudem sei am Ostufer des Flusses Dnipro wegen herabstürzender Trümmern ein Hochhaus in Brand geraten. Ein dpa-Reporter berichtete in der Nacht von heftigem, lang andauerndem Flugabwehrfeuer.

Landesweit griffen die Russen mit insgesamt 75 Kampfdrohnen an, wie die ukrainische Luftwaffe am Morgen mitteilte. Es sei gelungen, 74 von ihnen abzuschießen. Luftalarm ertönte außer in Kyjiw unter anderem auch in den Gebieten Sumy, Dnipropetrowsk und Mykolajiw. (dpa)

Selenskyj: Ukraine muss „drei Siege im Ausland“ erringen

Nach Auffassung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj muss die Ukraine „drei Siege im Ausland“ erringen.„Der erste ist der Sieg über den US-Kongress. Es ist eine Herausforderung, es ist nicht einfach, aber die Ukraine tut alles, was sie kann“, sagte Selenskyj auf einer Pressekonferenz in Kyjiw. Zwanzig Monate nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine hat sich in den Beziehungen des Westens zu Kyjiw eine gewisse Müdigkeit breitgemacht. Das Land ist im Kampf gegen die russischen Truppen in hohem Maße auf die militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe seiner Verbündeten angewiesen. (rtr)

Russland droht Moldawien

Die russische Regierung droht der Führung Moldawiens wegen der Entscheidung, sich an den EU-Sanktionen gegen Russland zu beteiligen, mit Vergeltung. „Wir betrachten dies als einen weiteren feindseligen Schritt der Führung Moldawiens, die vollständig in die antirussische Kampagne des ‚kollektiven Westens‘ integriert ist“, teilt das russische Außenministerium mit. Das Parlament Moldawiens hat ein Gesetz verabschiedet, das unter anderem Maßnahmen gegen Personen und Institutionen vorsieht, gegen die die EU wegen des russischen Einmarschs in die Ukraine Sanktionen verhängt hat. Die Präsidentin von Moldawien, Maia Sandu, hat den Einmarsch Russlands in die Ukraine verurteilt und sagt Moskau wolle sie durch einen Staatsstreich absetzen. Moskau bestreitet die Vorwürfe. (rtr)

Ukrainische Nationalgarde-Generäle entlassen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat per Erlass mehrere hochrangige Generäle der Nationalgarde entlassen. Als hochrangigster Offiziere musste der 1. stellvertretende Chef der Nationalgarde, Generalleutnant Wolodymyr Kondratjuk gehen, wie aus den am Freitag veröffentlichten Präsidialerlassen hervorgeht. Daneben traf es drei weitere Stellvertreter, Generalleutnant Olexandr Nabok, und die beiden Generalmajore Oleh Sachon und Mykola Mykolenka. Bis auf Sachon waren alle Generäle schon vor dem Krieg im Amt.

Die Hintergründe der Umbesetzungen in der Führung der Nationalgarde sind noch nicht bekannt. Erst vor wenigen Monaten hatte Selenskyj den Chef der Behörde ausgetauscht und mit Olexandr Piwnenko einen kampferfahrenen Offizier an die Spitze gesetzt.

Die Nationalgarde ist ein paramilitärischer Verband, der dem ukrainischen Innenministerium untersteht und eigentlich für Grenzsicherung und den Schutz der inneren Sicherheit verantwortlich ist. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine kämpft die Nationalgarde aber auch an der Front. (dpa)

Michail Kasjanow als „ausländischer Agent“ eingestuft

Der frühere russische Ministerpräsident und heutige Exil-Oppositionelle Michail Kasjanow ist von Moskau als „ausländischer Agent“ eingestuft worden. Kasjanow, der im Ukraine-Konflikt auf der Seite Kyjiws steht, wurde am Freitag auf eine entsprechende Liste des Justizministeriums gesetzt.

Das Ministerium wirft Kasjanow vor, sich „gegen die militärische Spezialoperation in der Ukraine“ gestellt zu haben. Zudem gehöre er dem „russischen Antikriegskomitee“ an, dessen Aktivitäten darauf abzielten, „die russische Außen- und Innenpolitik zu diskreditieren“. Das Komitee war im vergangenen Jahr von russischen Oppositionellen gegründet worden. Zu den Initiatoren zählte unter anderem der im Exil lebende Ex-Oligarch Michail Chodorkowski.

Kasjanow war von 2000 bis 2004 Ministerpräsident unter Präsident Wladimir Putin. Nach seiner Entlassung wechselte er in die Opposition und entwickelte sich zu einem prominenten Kreml-Kritiker.

Kasjanow ging nach eigenen Worten als Reaktion auf den Angriff auf die Ukraine ins Exil nach Europa. Im Juni 2022 hatte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP gesagt, er hoffe, dass Russland eines Tages auf einen „demokratischen Weg“ zurückkehren werde.

Die Einstufung als „ausländischer Agent“ hat strenge Auflagen für die betroffenen Einrichtungen oder Einzelpersonen zur Folge. Unter anderem müssen sie ihre Finanzierungsquellen offenlegen. Zudem sind sie verpflichtet, ihre Veröffentlichungen entsprechend zu kennzeichnen. Dies gilt auch für Einträge in Onlinenetzwerken. (afp)

Ukraine: Wehrdienstleistende sollen entlassen werden

Trotz des anhaltenden russischen Angriffskriegs will die ukrainische Führung Soldaten am Ende ihrer Pflichtwehrdienstzeit aus den Streitkräften entlassen. In der Generalstabssitzung seien schwere Fragen der Mobilmachung, Demobilisierung und Rotation angesprochen worden, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag in seiner täglichen Videobotschaft. Es gehe um Wehrpflichtige, die noch vor Beginn des Kriegs eingezogen worden seien. Laut dem Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, Olexij Danilow, hat Selenskyj die Militärführung darum gebeten, diese Soldaten zu demobilisieren.

Während Danilow erklärte, die Entlassungen sollten schon in nächster Zeit beginnen, hielt sich Selenskyj selbst deutlich bedeckter. In der nächsten Woche soll demnach erst einmal ein konkreter Plan zur Mobilmachung vorgestellt werden. Das teilte Selenskyj bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lettlands Edgars Rinkevics mit. Derzeit dienen rund 820 000 Ukrainer in den Streitkräften. Um zumindest einen Teil der Wehrpflichtigen für eine bestimmte Zeit nach Hause schicken zu können, müssen andere Soldaten rekrutiert werden, damit die Front nicht zusammenbricht.

Die Versprechungen gelten als Zugeständnis an die Soldaten, die seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor 21 Monaten an der Front gekämpft haben. In den vergangenen Wochen gab es mehrere Demonstrationen von Angehörigen dieser Wehrdienstleistenden, die eine stärkere Rotation forderten, um den Kämpfern die Möglichkeit zu geben, sich für einen längeren Zeitraum zu erholen. Laut dem derzeit geltenden Kriegsrecht können die Soldaten allerdings nicht so ohne weiteres demobilisiert werden. Dazu müsste ein neues Gesetz verabschiedet werden. (dpa)

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