1. FC Köln hält die Liga-Laterne: Runter mit den Rollläden

Beim 1. FC Köln herrscht nach der 0:4-Niederlage gegen Gladbach Weltuntergangsstimmung. Zur Disposition stehen sowohl Trainer Schäfer, Manager Meier als auch Präsident Overath.

Geknickter Prinz von Müngersdorf: Lukas Podolski nach der Niederlage gegen den Erzrivalen Gladbach. Bild: dapd

KÖLN taz | Minutenlang starrte Wolfgang Overath reglos in den Regen und saugte auf, was sich nach der erniedrigenden 0:4-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach in der Arena abspielte. Die meisten Zuschauer waren lange vor dem Abpfiff gegangen, nur die Südkurve mit den treuesten Fans war geblieben und in einem Zustand der Fassungslosigkeit erstarrt. Anders als in den vergangenen Wochen forderten die Anhänger nicht einmal mehr die Entlassung von Manager Michael Meier. Und als die Mannschaft einen vorsichtigen Versuch unternahm, sich für die Unterstützung zu bedanken, brach der blanke Hass hervor. Gesichter waren wutverzerrt, Fäuste flogen, wüste Beschimpfungen ertönten, die Spieler drehten schnell ab und verkrochen sich in der Kabine.

Einzig Lukas Podolski sank am Mittelkreis zu Boden und ließ die Weltuntergangsstimmung wirken, während Overath knapp 50 Meter entfernt sinnierte. Der Star und der Präsident vereint im Zustand akuter Ratlosigkeit. Podolski sollte später von "einer der bittersten Niederlagen der letzten Jahre" sprechen, während Overath sich in seiner Loge verzog, die Rollläden herunterließ und mit Vertrauten über das weitere Vorgehen tagte. Nicht dabei war Meier, der verloren in den Katakomben umherlief und wieder einmal wenig souverän wirkte. "Wir haben in der ersten Halbzeit all das gezeigt, was in dieser Mannschaft drin steckt", verkündete er, "da hatten wir eine Riesenchance von Mato Jajalo, die man auch machen kann". Tatsächlich war der FC 45 Minuten lang ebenbürtig gewesen, allerdings handelte es sich beim Gegner um den Tabellenletzten. "All das, was in der Mannschaft drin steckt", reichte also in einem Heimspiel gegen die schlechteste Mannschaft der Liga zu einer mickrigen Gelegenheit.

Und nach Raul Bobadillas 1:0 (50.) sind die Kölner dann "zusammengefallen", wie Übergangstrainer Frank Schaefer feststellte. Michael Bradley (70.), Igor de Camargo (82.) und noch einmal Bobadilla (90.) hatten leichtes Spiel, die Niederlage in eine Demütigung zu verwandeln. Das Team sei einfach "nicht stabil genug, um mit Rückschlägen umzugehen", beklagte Schaefer, wie sich das ändern lässt, weiß derzeit niemand in Köln. Doch genau diese Frage muss Overath spätestens am kommenden Mittwoch beantworten, dann ist nämlich Jahreshauptversammlung. Die Mitglieder werden Antworten und schlüssige Konsequenzen fordern. Und anders als 2004. Als Overath sich für die Entlassung von Marcel Koller feiern ließ, wird ein simpler Trainertausch diesmal niemanden beruhigen. Frank Schaefer ist nicht schuld, "es geht mit Herrn Schaefer weiter", verkündete Meier am Samstagabend. Die Frage ist nur, ob der Manager das noch entscheiden darf.

1. FC Köln: Varvodic - Brecko (76. Yalcin), Geromel, Mohamad, Salger - Lanig, Pezzoni (83. Matuschyk) - Jajalo, Podolski, Ehret (65. Vunguidica) - Novakovic

Bor. Mönchengladbach: Heimeroth - Levels, Brouwers (46. Dante - 66. Schachten), Anderson, Daems - Marx, Bradley - Herrmann (57. Idrissou), Reus - de Camargo, Bobadilla

Zuschauer: 50.000 (ausverkauft);

Tore: 0:1 Bobadilla (51.), 0:2 Bradley (70.), 0:3 de Camargo (82.), 0:4 Bobadilla (90.)

Wahrscheinlicher als ein Trainertausch ist nämlich eine Entmachtung Meiers, was wiederum die Frage nach einem Nachfolger aufwerfen würde. Welcher kompetente Sportdirektor will schon in dieser Situation bei diesem Klub arbeiten? Matthias Sammer, über den eifrig spekuliert wird, bestimmt nicht. Die Kassen sind leer, die Spielräume für einen neuen Manager eng. Gerade erst hat der Klub seine Geschäftszahlen veröffentlicht, der Schuldenstand ist in der Ära Meier von 8 auf 24,1 Millionen Euro angewachsen, außerdem wurden weitere 7 Millionen Euro ausgegeben, die durch den Verkauf des Gastronomiegeschäfts im Stadion generiert wurden. Und die Transferrechte an Lukas Podolski und Pedro Geromel hat Meier ebenfalls zum Teil verkauft.

Diese Schuldenpolitik haben zwar Claus Horstmann und Oliver Leki, die beiden anderen Geschäftsführer, ebenso befürwortet wie das Präsidium um Overath. Dass trotz des vielen Geldes keine schlüssige Personalpolitik gelang, fällt jedoch in den Verantwortungsbereich Meiers. Es ist daher möglich, dass Overath einen neuen Sportdirektor einstellt.

Längst sind aber ganz andere Szenarien denkbar. So formieren sich auf Facebook Mitglieder, die dem Präsidenten auf der Jahreshauptversammlung die Entlastung verweigern wollen. Vielleicht wäre eine Absetzung der gesamten Klubführung ja langfristig sogar das Beste für den 1. FC Köln. Kurzfristig würde ein solcher Schritt den Klub jedoch in den Zustand des Chaos und wahrscheinlich in die zweite Liga stürzen.

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