Kolumne Wichtig: Re:Re:Re:Re:Re:Re:Re:Re:Re:Re:Re:R

Bisexuelle sind Einhörner der sexuellen Orientierungen: fancy Shit, den es aber in echt nicht gibt. Angeblich. Das müsste nicht so sein.

Genau so echt wie bisexuelle Frauen: Einhorn. Bild: imago/Weißfuß

Da muss ich jetzt aber mal randalieren, meine Herren. „Ich glaube ja nicht an Bisexualität.“ Damit kommen Sie mir nicht davon, und zwar nicht nur ein bisschen nicht, sondern gar nicht. Mein Ironiedetektor schlägt nicht mehr aus bei diesem Satz.

Ich plane seit Jahren einen Text darüber, wie Bisexuelle zu den Einhörnern der sexuellen Orientierungen gemacht werden: fancy Shit, den es aber in echt nicht gibt. Angeblich. Höhö. Weil doch in echt alle homo oder hetero sind, weil – ja, weil was? Der Text ist nur noch nicht erschienen, weil ich ihm alle drei Wochen ein neues, absurdes Beispiel anhänge, wer schon wieder sein kategorienreiches Hirn ausgelüftet hat und wie dabei wieder so glorioses Zeug mit rauskam.

In einem taz-Interview hat Hella von Sinnen mal gesagt: „Ich hab die Theorie, jeder Mann, der sagt, er ist bisexuell, ist schwul, und jede Frau, die sagt, sie sei bisexuell, ist hetero. Jaja, die dicke Tante hat recht.“

Am Arsch, dicke Tante! Ich habe besagten Text im Jahr 2010 angefangen, als es eine Anzeige der Werbeagentur Jung von Matt gab, die „rothaarige, bisexuelle Praktikantinnen“ suchte, weil man die geil im Keller knattern kann, so zwischen zwei Meetings. Ich hatte damals zwar auch rot gefärbte Haare, hab mich aber nicht beworben, weil ich gar nicht so gern Spacken ficke.

Margarete Stokowski antwortet hier auf die Kolumne von Schwul und Schwuler. Für die längste taz-Kolumne aller Zeiten wechseln sich sechs AutorInnen täglich ab. Bisher erschienen: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7, Teil 8, Teil 9, Teil 10, Teil 11, Teil12

Angeblich sind 80 Prozent der Leute, die beim Onlinedating auf OkCupid als Orientierung „bisexuell“ angeben, in Wirklichkeit nur an einem Geschlecht interessiert und schicken nur diesem einen Geschlecht Nachrichten. Tja. Ich persönlich antworte bei OkCupid allen interessanten Leuten und allen, die mir auf Französisch schreiben, weil ich so stolz bin, das zu verstehen. Bisher habe ich drei Frauen von da getroffen. Die erste kam aus Magdeburg, die zweite hat ihren Hund geschlagen und die dritte hatte ein Start-up.

Vier Möglichkeiten

Jedenfalls ist man als bisexuelle Frau in einer „You can’t win“-Position, weil man schneller gestempelt wird, als die Aldi-Kassiererin scannt. Es gibt im Grunde nur vier Möglichkeiten: 1. Bisexuell, Single und kein Sex: langweilig. Bla. Graubrot. 2. Bisexuell, in Beziehung mit einem Mann: privilegierte Hetera, die ab und zu Fakelesbe spielt, auf Partys oder Facebook. 3. Bisexuell, in Beziehung mit einer Frau: unvollständige Lesbe, Verräterin. 4. Bisexuell, abwechselnd Sex mit Männern und Frauen: neurotische, notgeile Hexe.

Tja. Schwierig. In einer Welt, in der so scharf zwischen Homo und Hetero getrennt wird, bleiben Bisexuelle skurrile, unlogische Zwischenwesen. Das müsste nicht so sein. Wenn sich alle mal ihre Stöcker aus den Ärschen ziehen würden.

Wie unsinnig ist es, zu behaupten: „Alle sollen lieben dürfen, wen sie wollen! Und das auch zeigen! Regenbogen überall! Und knutschen auf der Straße! ABER SIE MÜSSEN SICH DANN SCHON FÜR EIN GENDER ENTSCHEIDEN.“ Das macht keinen Sinn. Ich habe übrigens nicht nur kein Praktikum bei Jung von Matt, sondern überhaupt nie ein Praktikum irgendwo gemacht. Und meine Haare färbe ich auch nicht mehr.

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Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

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