die wahrheit: Der homosexuelle Mann...

… muss aus der Öffentlichkeit verschwinden, je öffentlicher er wird. Umso größer seine Akzeptanz als Everybody's Darling, umso entschiedener ...

... wird seine sexuelle Praxis verdrängt. Dazu gehören auch die öffentlichen Toiletten, Klappen genannt - seit Jahrzehnten, wenn nicht seit Jahrhunderten für jedermann frei zugängliche und jederzeit verfügbare Orte mann-männlicher Sexualität, die jetzt fast vollständig aus dem Stadtbild verschwinden. Entweder werden sie privatisiert, desinfiziert und geschichtslos gemacht oder gleich ganz geschlossen.

Berlin war noch vor zwanzig Jahren die Hauptstadt der Klappen. Diese Zeiten sind vorbei, die entscheidenden Elemente einer zünftigen Klappensexualität - Tempo, anonymer Zufall und ein Glory Hole - leben lediglich naturidentisch in der kommerziellen Subkultur fort und nicht mehr vor aller Augen. Und all die vielen Männer, die für ihren Sexualhaushalt angewiesen waren auf den gleichermaßen heimlichen wie öffentlichen Ort, sind nun ohne Heimat - untenrum.

Besonders Düsseldorf hat sich um seinen Ruf als klappenfeindliche Metropole immer wieder verdient gemacht. Eine Praxis, die schon einmal in den fünfziger Jahren Unruhe unter den Schwulen der Stadt verbreitete, wurde zur Jahrtausendwende wieder neu aufgelegt. Das Ordnungsamt verhängte Bußgelder für all jene, die bei "grob ungehöriger Handlung" beobachtet wurden. Mehr als 90 Männer mussten 2003 zur Kasse, und wenn das Bußgeld nicht ausreichte, schickte die Stadtverwaltung Briefe mit minutiöser Schilderung des "Vergehens" an die Angehörigen: "Die Familien sollen wissen, was mit dem Mann los ist."

Andere Kommunen haben daraus gelernt, auch in Frankfurt werden neuerdings die öffentlichen Toiletten einer besonderen Überwachung unterzogen. Das schwule Stadtmagazin gab berichtet aktuell von einem Klappenbesucher, der bereits nach kurzem Aufenthalt am Urinal von zwei Beamten in Zivil rüde darauf aufmerksam gemacht wurde, er begehe hier eine Ordnungswidrigkeit. Ein anderer berichtet von Beamten, die sich über die Kabinenwand hinweg für ihre Vorstellungen einer sauberen Stadt einsetzten.

Dabei war die Stadtverwaltung in der Main-Metropole noch 2001 bereit, am runden Tisch mit Schwulen eine einvernehmliche Lösung für die unterschiedlichen Interessen zu finden. Eine Vereinbarung damals: Einige zentrale Toiletten sollten für schwule Quickies tabu bleiben, während andere als Klappen geduldet wurden. Kontrollen sollten möglichst unterbleiben, und wenn doch, dann nur in Uniform.

Damit ist jetzt Schluss: "Zivilkontrollen nutzen den Überraschungsmoment und können die Täter besser in flagranti erwischen", wird einer aus dem Ordnungsamt zitiert. "Während der Hauptgeschäftszeiten" sind die zentralen Klappen an Haupt- und Konstablerwache seit kurzem mit Wachleuten besetzt, damit sich die Toilettenbesucher sicher fühlen können, wie es offiziell dazu heißt. Nach mehr Sicherheit wird also gerufen, sobald der homosexuelle Mann ganz handfest wird.

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kari

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