die wahrheit: Der Tote-Tiere-Zoo

Im hessischen Bad Spentzer können Besucher die Natur einmal anders erleben.

Vieles wirkt ja in unserer hektischen und immer kurzlebigeren Zeit zuweilen eine Spur zu hysterisch, um nicht zu sagen fickerig. Nicht zuletzt deshalb gilt es an dieser Stelle ein Unternehmen zu protegieren, dessen Geschäftsidee eine derart famose ist, dass es selbst dem Naturdesinteressiertesten süßliche Tränen der Verzückung in die Augen treiben dürfte.

Der mittelhessische Luftkurort Bad Spentzer im vorderen Mitteltaunus hat nämlich seit kurzem eine Attraktion zu bieten, die nicht nur unter Freunden der gelassenen Tierbeobachtung ihresgleichen sucht, sondern vielmehr ein komplett neues Kapitel in puncto familienfreundlicher Ausflugsunterhaltung aufschlägt.

"Es ist ja letzten Endes immer das Gleiche mit den Viechern in normalen Zoos", weiß der Direktor der Anlage, Veterinär-Astronom Jasper Päng, zu berichten, "kaum hat man das Tier im Gehege entdeckt, schon bewegt es sich unnötig oder macht irgendwelche anderen Finessen. Es bleibt also nur wenig Zeit zum ordnungsgemäßen Begucken der Tiere."

Doch damit ist jetzt Schluss. In Bad Spentzer hat es wahrlich keine Eile, ein Tier in seiner mehr oder minder natürlichen Umgebung zu beobachten; sind doch die Tiere im öffentlich zugänglichen Teil des dortigen Parks alle samt und sonders tot.

"Besser ist das", schmunzelt Päng, "so kann man in aller Seelenruhe schauen und das Tier nach Lust und Laune abfotografieren, ohne jede Angst, dass ein Bild aufgrund allzu unerwarteter Motivbewegungen verwackelt oder sonst wie unscharf wird." Eine ebenso simple wie geniale Idee, denn so können vor allem die kleinen Zoobesucher wunderschöne Bilder knipsen, an denen sie auch Jahre später noch ihre Freude haben werden.

Was aber, wenn die in ihren artgerecht gestalteten Freiluftgehegen verwesenden und verfaulenden Tierkadaver bereits nach wenigen Wochen an Attraktivität verlieren? Auch diesbezüglich hat der Trupp um Päng eine besonders pfiffige Lösung parat: In den parkeigenen Lagerhallen hegt und pflegt man in unterschiedlichen Aufzuchtstationen ein schier unerschöpfliches Sortiment von lebenden Exemplaren sämtlicher im Zoo vorkommenden Gattungen. Die werden bei Bedarf unter fachgerechter Aufsicht mit einem dicken Hammer totgemacht und dann gegen die gebrauchten ausgetauscht, so dass für den Gast stets eine ruhige und sachliche Inbetrachtnahme der gewünschten Objekte der gesamten hiesigen Fauna gewährleistet ist.

Jasper Päng ist von der innovativen Kraft seines neuen Formats aufs Tiefste überzeugt und sieht darin schon jetzt nicht nur die Zukunft der stressfreien Freizeitgestaltung: "Man muss nur einmal bedenken, welches wirtschaftliche Potential im wissenschaftlichen und medizinischen Umgang mit final ruhiggestellten Menschen liegt. Allein in der noch immer sträflich vernachlässigten Schlafforschung wären nach einer adäquaten Behandlung der Versuchspersonen noch weitaus subtilere und langfristigere Messungen möglich", so Päng jüngst im Rahmen einer leckeren Suppe-mit-Soße-Tagung mit mehreren Unbekannten.

"Eine runde Sache", wie unlängst selbst der designierte Bundespräsident Dieter Thomas Heck bei einer Festveranstaltung zum "150-jährigen Jubiläum der Deutschen Tierhaltung" in Wiesbaden betonte. Zoo-Direktor Jasper Päng war so begeistert von dem Alt-Showmaster, dass er Heck wegen seiner prämortalen Ausstrahlung gleich zum Schirmherrn des Bad Spentzer Zoos ernannte. Heck wird wohl nach seinem Ableben dereinst als erstes Tier der Gattung Mensch dort seine letzte Heimat finden.

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kari

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