die wahrheit: Fröhliche Bankweihnacht

Ein Brief vom Geldinstitut bringt jahresendzeitliche Wirtschaftskrisenstimmung.

Klaus Zumwinkel müsste man vor Weihnachten heißen. Bild: ap

Kürzlich erhielt ich vom Finanzcenter meiner Hausbank einen ganz persönlichen Brief, der mich vollends in den Abgrund einer jahresendzeitlichen Wirtschaftskrisenstimmung gestoßen hat. Folgendes stand dort geschrieben: "Die Weihnachtsfeiertage stehen vor der Tür " Wie wahr, wie wahr. Gut, wenn man immer wieder mal daran erinnert wird. Und wie sich die Geschehnisse gleichen: Auch ich stand im Lauf des Jahres mehrfach vor der Tür, nämlich der Bankfiliale, die dann allerdings jedes Mal wegen Betriebsversammlung geschlossen war.

" und das Jahr 2007 neigt sich dem Ende." Und nicht nur das Jahr, auch das Geld auf meinem Konto neigt sich dem Ende, und zwar unwiderruflich. Sicher, der handgeknüpfte Bidjar in bester Strapazierqualität, für den ich im September 3.500 Euro hinblättern musste, war jetzt nicht gerade die dringendste Anschaffung, aber wenn man bedenkt, dass der Teppich von ursprünglich 5.700 Euro gnadenlos herunterreduziert wurde, war es ein Schnäppchen, dem nur absolut unbeirrbare Charaktere hätten widerstehen können.

"Viele Menschen nutzen diese Zeit, besinnlich zurückzuschauen " O ja, wie schön war es im Mai, als das Konto noch wohlgefüllt war. Bis dann diese Autoreparatur kam, die mein Konto ins Minus trudeln ließ wie einen abgeschossenen Abfangjäger. Übrigens - 13,5 Prozent für den in Anspruch genommenen Überziehungskredit, ist das nicht ein bisschen arg happig? Davon hat sich mein Konto seitdem nicht mehr erholt und deshalb schaue ich eher benommen denn besinnlich zurück. Andererseits - irgendwo müssen die Abfindungen und Aktienoptionen der Ackermänner und Zumwinkels ja schließlich herkommen.

" und mit Zuversicht in das neue Jahr zu gehen." Leichter gesagt als getan nach den erwähnten Rückschlägen. Und da nützen auch keine hohlen Versprechungen à la "Wie jedes Jahr steht ein wichtiger Termin für Sie ins Haus: Ihre Zinsen und Erträge werden auf Ihren Sparkonten gutgeschrieben." Von welchen Sparkonten wird hier geredet? Meinen die Finanz-Profis in ihrem angelernten Berufsoptimismus etwa das Sparbuch mit der Fünf-Mark-Gutschrift, das ich in grauer Vorzeit zum bestandenen Abitur geschenkt bekommen habe und das seitdem in der hinteren Ecke der untersten Schublade herumliegt und mit Zins und Zinseszins auf jetzt vermutlich sagenhafte 3,78 Euro angeschwollen ist?

"Wir möchten Ihnen unnötige Wartezeit an den Schaltern Ihrer Filiale ersparen, deshalb laden wir Sie herzlich in unseren Beratungsbereich der Filiale ein. In diskreter vorweihnachtlicher Atmosphäre schreiben wir Ihnen Ihre Zinsen gut und zeigen Ihnen auch weitere attraktive Anlagemöglichkeiten." Um mit Hansi Hinterseer zu sprechen: Ich freu mich - auf das lauschige Gespräch im hoffentlich weihnachtlich geschmückten Beratungsbereich. Zwar wird es für den Kundenberater wohl nicht ganz einfach werden, eine auf meine Finanzsituation passende Investmentstrategie maßzuschneidern, aber sicher können wir bei Kerzenschimmer, Glühwein, Zimtsternen und Weihnachtsliedern gemütlich über die Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten plaudern.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.