AfD vor Gericht: Auf De­mo­kra­t*in­nen kommt es an

Dass sich der Verfassungsschutz endlich konsequent mit der AfD auseinandersetzt, ist gut. Verlassen sollte man sich darauf nicht.

Menschenkette auf einer Straße.

Für Demokratie und gegen die AfD: 5000 Menschen bilden eine sieben Kilometer lange Menschenkette zwischen Bochum und Herne am 3. März Foto: Christoph Reichwein/dpa

Gemeinhin ist es so: Wer mit einer Klage vor Gericht zieht, will auch ein Urteil – und das gerne auch schnell. Bei der AfD ist das nicht der Fall. Sie hat gegen die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz geklagt und nun zwei Tage lang vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster alles dafür getan, dass sich das Verfahren in die Länge zieht. Natürlich ist es das gute Recht der Partei, gerichtlich gegen die Einstufung vorzugehen und vor Gericht auf eine sorgfältige Prüfung zu drängen.

Aber das bizarre Vorgehen der AfD, laut Richter „rechtsmissbrauchlich“, zeigt: Die Partei will das Urteil möglichst verzögern, weil sie Angst vor den Konsequenzen hat. Und auf dem Weg dahin am liebsten den Rechtsstaat sabotieren. Was allerdings wiederum in die Argumentation des Verfassungsschutzes passt – und deshalb für die AfD nach hinten losgehen könnte.

Ihr Verhalten zeigt, wie nervös die Partei ist. Und dazu hat sie auch guten Grund. Denn wenn das Gericht ihre Klage abweist, wofür sehr vieles spricht, könnte bald eine Höherstufung anstehen: Die AfD als ganze wäre dann mit amtlichen Stempel eine erwiesen rechtsextreme Partei. Was wiederum die Debatte über ein Verbotsfahren stark anheizen dürfte. Es steht für die AfD also viel auf dem Spiel.

Allerdings sollten alle, denen Demokratie und Rechtsstaat am Herzen liegen, sich weder auf den Verfassungsschutz noch auf die Gerichte verlassen. Denn der Stempel „erwiesen rechtsextrem“ hält Wäh­le­r*in­nen nicht davon ab, für die AfD zu votieren. Das zeigen die Umfragen unter anderem in Thüringen und Sachsen, wo die Landesverbände längst so eingestuft sind und die Partei in Umfragen dennoch 30 Prozent und mehr erreicht.

Man muss nur hinschauen

Um zu erkennen, dass die AfD der liberalen Demokratie und dem Rechtsstaat an den Kragen will, braucht es ohnehin keinen amtlichen Stempel – man muss nur hinschauen, was AfD-Politiker*innen alltäglich so treiben. Eine Recherche der taz etwa hat schon 2018 gezeigt, wie viele Mitarbeitende der AfD im Bundestag Verbindungen zu extrem rechten Organisation haben, ein Update des Bayerischen Rundfunks macht jetzt deutlich: Diese Tendenz hat sich massiv verschärft. Mindestens 100 Mitarbeitende gehören rechtsextremen Organisationen an. Die Konsequenz der AfD? Sie hetzt gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Es ist wichtig, dass sich der Verfassungsschutz konsequent mit der AfD auseinandersetzt. Noch wichtiger aber ist, dass sich De­mo­kra­t*in­nen überall im Land den extrem Rechten entgegenstellen. Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in den vergangenen Wochen sind ein großer Schritt.

Entscheidend aber dürfte das dauerhafte Engagement gerade in Kommunen und Landstrichen sein, wo rechtsextreme Ideologie dabei ist, mehrheitsfähig zu werden – oder es bereits ist. Wer sich hier engagiert, muss unbedingt gestärkt werden – auch vom Staat und von demokratischer Parteipolitik.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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