Agraraktivist über Ökobauern: „Biounternehmer sind keine Träumer“

Johannes Heimrath setzt sich mit seinem „Bündnis für enkeltaugliche Landwirtschaft“ gegen Ackergifte ein – heraus kommt ein neues Label.

Hühner im Gras, im Hintergrund steht ein Bauer, der eines auf dem Arm hält

Glückliche Hühner einer „enkeltauglichen Wirtschaft“ Foto: dpa

taz: Herr Heimrath, Sie haben das „Bündnis für enkeltaug­liche Landwirtschaft“ ge­gründet. Was heißt „enkeltauglich“?

Johannes Heimrath: Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wurde für mich ruiniert, als Josef Ackermann von einem „nachhaltigen Erfolg“ der Deutschen Bank sprach. Der Begriff beschreibt nur Strukturen, die eine Dauerhaftigkeit haben – egal ob damit Wald, sauberes Wasser oder eben eine Bank gemeint ist. „Enkeltauglich“ rückt Nachhaltigkeit ins richtige Licht. Es ist kein besonders cooles, modernes oder hippes Wort, sondern hat etwas mit Verantwortung zu tun.

Es gibt im Bereich der Landwirtschaft doch schon viele Bündnisse. Warum jetzt noch eins?

Meines Wissens ist unser Bündnis das erste, hinter dem keine Nichtregierungsorganisationen stehen, sondern Biounternehmen. Wenn Biounternehmer den Dialog mit konventionellen Landwirten und ihren Industriepartnern suchen, geschieht das auf Augenhöhe, denn sie kennen die Abhängigkeiten und Zwänge selbst. Ihnen kann man nicht vorwerfen, Träumer zu seien.

Sie möchten eine „fundamentale Wende der Landbewirtschaftung und Nahrungserzeugung “ bewirken. Wie?

Bei uns stehen zwei Punkte im Vordergrund: Ackergifte verbieten und den Dialog mit der industrielle Landwirtschaft und den ihr vor- und nachgelagerten Industrien beginnen.

Warum gerade Ackergifte?

In der jetzigen Denkart wird die Pflanzengesundheit von externen Faktoren wie Pestiziden, Herbiziden, Insektiziden und synthetischen Düngemitteln aufrechterhalten. Verbietet man Ackergifte, so muss sich das ganze System ändern. Das beträfe dann auch vorgelagerte Industrien wie den chemischen Komplex.

ist Sprecher der 2001 gegründeten Bürgerinitiative Landwende.

Ihr Bündnis besteht aus 21 Biohändlern und -Unternehmen wie dem Saftproduzenten Voelkel, der Supermarktkette Basic und den Herstellern Rapunzel oder Allos. Wozu verpflichten sich diese?

Bündnispartner zahlen 15.000 Euro ein, die für Forschung und Kommunikationsaufgaben genutzt werden. Damit erwerben sie das Recht, unser Ackergifte-Nein-Danke-Logo, das der Anti-Atom-Sonne nachempfunden ist, auf ihre Verpackungen zu drucken und in eigenen Aktionen zu verwenden. Bündnisförderer und Unterstützer gehen geringere finanzielle Verpflichtungen ein und beteiligen sich anderweitig am Zustandekommen einer Bewegung für eine umfassende Landwende.

Und da kann jedes Unternehmen mitmachen, das Bioprodukte anbietet?

Nein, Discounter wie Aldi, Rewe und Edeka haben zwar auch ein Biosortiment, aber Partner können nur Unternehmen werden, die zu 100 Prozent bio sind.

Müssen Biofirmen nicht auch Geld verdienen?

Der Biomarkt ist denselben Mechanismen ausgesetzt wie der konventionelle. Biounternehmen müssen Profit machen, damit immer mehr Flächen biologisch genutzt werden. Aber an der Wurzel tun Biounternehmen immer etwas fürs Ganze.

Wie meinen Sie das?

Gerade durch den Einsatz von Ackergiften sind Biounternehmen in ihrer Existenz bedroht. Es gibt etwa zehn Wirkstoffe, die sich – entgegen den Aussagen der Industrie – flächendeckend ausbreiten. Die sind nicht alle so bekannt wie Glyphosat, aber womöglich giftiger. Und sie zerstören das Biogeschäft. Wenn ein Biokräuteranbaubetrieb seine Ernte nicht verkaufen kann, weil sie mit Pendimethalin aus der kilometerweit entfernten konventionellen Landwirtschaft belastet ist, dann ist das existenzbedrohend. Wenn es so weitergeht, gibt es bald kein Bio mehr.

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