Algerisch-französisches Abkommen: Migrationssonderstatus bleibt

Menschen aus Algerien können seit 1968 vereinfacht nach Frankreich einwandern. Die Konservativen sind nun mit einem Änderungsantrag gescheitert.

Französische und algerische Flaggen vor blauen Himmel

Französische und algerische Flaggen am Flughafen in Algier während eines Besuches von Macron Foto: Witt Jacques/ABACA/imago

PARIS taz | Wenige Tage vor dem Beginn der Debatte über eine umstrittene Reform der Immigrations- und Asylgesetze forderte die konservative Oppositionsfraktion von Les Républicains (LR) in der Nationalversammlung die Kündigung eines Abkommens mit Algerien aus dem Jahr 1968. Damals brauchte Frankreich dringend Arbeitskräfte und gewährte darum, sechs Jahre nach der blutig erkämpften Unabhängigkeit, den algerischen Staatsangehörigen und ihren Familien eine erleichterte Einwanderung.

Dieser Sonderstatus gilt bis heute, was vor allem die fremdenfeindliche und speziell antiarabische Rechte empört. Die Konservativen wollten mit ihrem Antrag zeigen, wie sie heute harte Saiten aufziehen, um das Thema Immigrationspolitik nicht Marine Le Pens Rechtspopulisten zu überlassen.

In der Regel werden Vorstöße aus der Opposition in der Nationalversammlung chancenlos nieder geschmettert. Auch der LR-Antrag gegen das „Relikt“ von 1968 wurde am Ende mit 151 gegen 114 Stimmen verworfen. Doch die Regierungsparteien sind in der Frage der Immigrationskontrolle und des Asylrechts uneins. Genau das wollten die Konservativen mit ihrem Antrag beweisen.

Während die Macronisten der Fraktion Renaissance es ablehnten, am historischen Abkommen mit Algerien zu rütteln, unterstützte die ebenfalls zum Regierungslager zählende Fraktion Horizons von Ex-Premierminister Edouard Philippe die Initiative von rechts. Philippe kommt selber ursprünglich aus der politischen Familie, die sich heute Les Républicains nennt. Und da er Nachfolger von Macron werden möchte, sucht er als Präsidentschaftskandidat in Hinblick auf die Wahlen von 2027 die Unterstützung seiner ehemaligen rechten Weggefährten.

Sorge vor der Reaktion Algeriens

Diese Anbiederung scheint den amtierenden Staatschef besonders geärgert zu haben. Er protestierte laut BFM-TV vor Zeugen, die Konservativen und mit ihnen Philippe, mischten sich mit ihrer „Demagogie“ in seine exklusive Domäne als Staatsoberhaupt, das heißt in die Diplomatie und Außenpolitik, ein. Macron betrachtet den ehrgeizigen und populären Philippe nicht etwa als designierten Thronfolger, sondern mehr als Rivalen, der sich nicht scheut, seine Politik mit eigennützigen Stellungnahmen zu sabotieren.

Eine dritte Regierungspartei, das zentrumsdemokratische MoDem von François Bayrou, war zwar grundsätzlich damit einverstanden, dass der Sonderstatus für die Algerier nicht mehr zeitgemäß sei, trotzdem war diese Mitte-Fraktion aber „total gegen“ das Vorgehen der Konservativen, weil dieses bloß für zusätzliche Probleme in den bereits sehr gespannten Beziehungen mit Algerien sorgen müsse.

Das ist auch Macrons große Befürchtung. Wenn nämlich Frankreich algerische Staatsangehörige aufgrund richterlichen Anordnungen in ihre Heimat abschieben will, braucht es die Zustimmung der algerischen Behörden, den konsularischen Passierschein. Das war ein ständiger bilateraler Streitpunkt. In der jüngsten Vergangenheit hatte sich Algier in dieser Beziehung wieder etwas entgegenkommender gezeigt. Das will Macron keinesfalls aufs Spiel setzen.

Premierministerin Elisabeth Borne versuchte den internen Streit zu schlichten: Über französische und auch algerische Vorschläge zur Anpassung des in der Vergangenheit bereits drei Mal modifizierten Abkommens von 1968 werde demnächst verhandelt, versicherte sie gleich nach der Abstimmung: Wie wenn alles nur ein Sturm im Wasserglas gewesen wäre.

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