Angela Merkels Flüchtlingspolitik: Rechter geht’s nicht

Die CSU fordert, Merkel möge ihren Worten Taten folgen lassen und Seehofer entgegenkommen. Dabei spricht die Kanzlerin schon längst Bayerisch.

Eine Hand zeigt mit dem Zeigefinger auf Angela Merkels Nase

Warum all die Hysterie um Merkel und die Flüchtlinge? Die Grenzen sind doch längst dicht Foto: dpa

Andreas Scheuer hat sich geoutet. „Entschuldigen S' die Sprache, das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist – weil den wirst Du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling.“ Scheuer, Generalsekretär der CSU und Rassist, kritisiert Angela Merkel „von rechts“. Das ist derzeit en vogue – und ungeheuer merkwürdig. Die CDU-Kanzlerin wird für eine humane Asylpolitik angegangen, obwohl sie diese längst vollständig geopfert hat.

Die CSU mosert besonders dumpf. „Deutschland soll Deutschland bleiben“, fordert sie in einem Papier, das nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern erstellt wurde. Die CDU-Chefin hat im Bundestag prompt versichert, Deutschland werde Deutschland bleiben. Aber das genügte Bayerns Philosophen nicht. Sie wollten am liebsten hören: „Wir schaffen das nicht“, besser noch: „Obergrenze, jetzt“. Letzteres hält Merkel für undenkbar. Und natürlich kann sie auch Ersteres nicht sagen. Die Kanzlerin muss schließlich Lösungen anbieten.

Am Montag hat sie sich im Konrad-Adenauer-Haus aber, so interpretieren das viele Medien, vom „Wir schaffen das“ gelöst. Indem sie sagte: „Viel ist in diesen eigentlich alltagssprachlichen Satz hineininterpretiert, ja sogar hineingeheimnist worden. So viel, dass ich ihn inzwischen eigentlich am liebsten kaum noch wiederholen mag.“ Die CSU stänkert weiter, Finanzminister Markus Söder sagt: „Aber natürlich müssen den Worten Taten folgen.“

Zur Erinnerung: Entschiedener als Angela Merkel hat in den letzten zwölf Monaten niemand Verschärfungen im Asylrecht durchgesetzt. Wenigstens weiß Horst Seehofer das. Dem Spiegel sagte er: „Angela Merkel und die CDU haben inzwischen eine Vielzahl unserer Forderungen übernommen.“ Warum wird im Süden die Anti-Flüchtlings-Keule dann trotzdem aufs Heftigste geschwungen? Auch das verrät der bayerische Ministerpräsident dem Spiegel: „Was wir jetzt noch brauchen, ist ein Regelwerk, eine Art Garantie, wie sich der Zustrom von Flüchtlingen künftig drastisch begrenzen lässt. Die Vergangenheit darf sich nicht wiederholen.“ Na gut, auch Seehofer lebt in einer Blase. Deshalb noch mal: Merkels Kurs könnte rigider nicht sein!

Die sicheren Herkunftsländer

Bereits im September 2015 macht sie den ersten Rückzieher: An der Grenze zwischen Bayern und Österreich werden Kontrollen eingeführt. Kurz darauf ist die Balkanroute dicht, im Januar werden Kosovo, Albanien und Montenegro auf die Liste der sicheren Herkunftsländer gesetzt. Alle Staaten des westlichen Balkans gelten somit als sicher, schutzbedürftige Menschen von dort haben kaum noch Chancen auf Asyl. Gleiches soll für Menschen aus Marokko, Tunesien und Algerien gelten. Eine entsprechende Entscheidung wurde aber aufgeschoben, da die Grünen das Vorhaben im Bundesrat blockierten.

Auch werden Bargeldleistungen durch Sachleistungen ersetzt, der Familiennachzug massiv eingeschränkt, das Schnellverfahren mit extrem kurzen Fristen durchgesetzt. Vor Abschiebung sind demzufolge nur diejenigen geschützt, die das Eilverfahren erfolgreich durchgestanden haben. Dem Prozedere müssen sich alle unterziehen, die ohne Pass in Deutschland ankommen. Nach der Kölner Silvesternacht gilt: Kriminelle Ausländer können bei Straftaten schneller abgeschoben werden, egal wie hoch deren Strafe ist.

Die von der CSU geforderte Obergrenze (maximal 200.000 Geflüchtete pro Jahr) unterbietet die CDU locker. Würde Merkel noch weiter nach rechts rücken, könnte sie direkt der AfD beitreten. Die lehnt Schutzsuchende bekanntlich ab – oder will sie erschießen lassen. Merkel kann das nicht, weil Artikel 16a des Grundgesetzes besagt: „Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“ Hielte sich aber selbst die Kanzlerin nicht mehr an das Grundgesetz, wäre Deutschland in der Tat nicht mehr Deutschland.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.