App für klimabewusstes Essen: Treibhausgase? Friss die Hälfte!

Eine „KlimaTeller-App“ rechnet Gastronom*innen und Verbraucher*innen vor, wieviel Kohlendioxid bei der Herstellung ihres Essens entstanden ist.

Braten mit brauner Soße, Klößen und Rotkohl

Sollte man wissen: Die braunen Scheiben rechts versauen die Klimabilanz Foto: imago/stock&people

BERLIN taz | Was wir essen, ist mit Treibhausgasemissionen verbunden: Tomaten aus Spanien werden in spritfressenden Kühl-LKWs nach Deutschland geschickt, das argentinische Rind hat vor seiner Schlachtung eine Menge Methan ausgerülpst. 1,75 Tonnen an klimarelevanten Emissionen produziert laut Bundesumweltministerium jede Person in Deutschland nur über das, was sie sich auf den Teller lädt.

Essen verursacht hierzulande rund ein Fünftel aller Emissionen. Bei der Ernährung fängt Klimaschutz also an – und da will die „KlimaTeller“-App helfen. Mit der Webanwendung für PC und Tablet können Gastronomen und Privatpersonen die Klimabilanz ihrer Gerichte einsehen: nur schnell die Zutaten und Mengen der benutzten Lebensmittel eingeben. Die Rezepte sind ausschließlich auf dem eigenen Nutzerkonto gespeichert.

Wer wissen will, was sich ändert, wenn der Reis aus Italien statt aus China oder die Tomate aus Deutschland statt Spanien kommt, kann das einstellen. Ein Durchschnittsgericht verursacht nach Daten des beteiligten schweizerischen Unternehmens Eaternity rund 1,6 Kilogramm Gramm CO2.

Erst wenn eine Speise nur noch halb so viel Treibhausgas „vom Acker bis in die Küche“ mit sich bringt, also höchstens 800 Gramm, dürfen Restaurants ihr Angebot mit dem „KlimaTeller“-Label versehen. Gut für die Klimabilanz ist: regional statt international, frisch statt tiefgekühlt, bio statt konventionell und Freiland statt Treibhaus. Dabei sollten rotes Fleisch wie von Schwein und Kalb und Milchprodukte mit hohem Fettgehalt nicht einmal den Tellerrand berühren – zu klimaschädlich. Innerhalb eines Jahres sollen über eine Million „Klimateller“ auf den Tischen landen und bis zu eine Million Kilogramm CO2-Emissionen einsparen.

Kleine Schritte, aber immerhin nach vorne

Zum Vergleich: 2017 hat Deutschland nach Zahlen des Umweltbundesamts rund 900 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Bei einer Million Klimatellern hätte man also etwas mehr als 0,0001 Prozent dieser Treibhausgase vermieden. „Die App ermöglicht zum ersten Mal kleine Schritte“, erwidert Manuel Klarmann von Eaternity darauf. „Vorher wussten wir vielleicht, dass unser Essen viel Kohlendioxid verursacht, aber wenn nicht klar ist, wo wir anpacken können, wird das Problem schnell zur Seite geschoben.“ Weil jetzt für jeden transparent sei, mit wieviel CO2 welche Zutat zu Buche schlägt, werde es leichter, Emissionen zu reduzieren.

Die Webapp ist ein Verbundprojekt von „NAHhaft“, einer gemeinnützigen Organisation, die sich mit zukunftsfähigen Ernährungsstrategien auseinandersetzt, und des Vereins Greentable, der sich für nachhaltiges Essen im Außer-Haus-Markt engagiert. 160.000 Euro Unterstützung bekommt das Projekt von der Bundesregierung und seiner Nationalen Klimaschutzinitiative, die mit der Anwendung Gastronomie und Verbraucher*innen zu klimafreundlichen Speisen motivieren will.

Ihren Ursprung hatte die Idee an der Universität Hamburg, wo Studierende die Initiative 2011 ins Leben, damals noch ohne App. Sechs Jahre übernahm NAHhaft das Projekt, weil die Gründer*innen nach dem Abschluss andere Wege gingen.

Ein Durchschnittsgericht verursacht laut der Datenbank Eaternity rund 1,6 Kilogramm Gramm CO2

200 Interessenten gibt es schon, Zielmarke von Doreen Havenstein (NAHhaft), Matthias Tritsch (Greentable) und Manuel Klarmann (Eaternity) für 2019 ist, dass 580 Betriebe beim Projekt mitmachen. Vorteilhaft für die Lokale: Wer auf seinen Speisekarten „KlimaTeller“ anbietet, darf mit dem Label werben und bekommt Türsticker, Tischaufsteller und Infomaterial für die Gäste.

Für Privatleute kostet das Programm nichts, Gastronomiebetreiber*innen dürfen es zunächst bis Ende des Jahres umsonst nutzen. Danach würde laut Havenstein eine „niedrige dreistellige Summe“ für ein weiteres Jahr anfallen, um die Kosten zu decken.

Was die Betreiber*innen bereit wären zu zahlen, soll sich in Gesprächen mit den Projektleuten klären. „Wir möchten zeigen, dass jede und jeder zum Beispiel beim Abendessen im Restaurant oder Zuhause etwas tun kann“, sagt Havenstein, „ohne zusätzlichen Aufwand oder besondere Anstrengung“. Klimaschutz sei nicht auf die Energienutzung oder die Mobilität begrenzt.

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