Arbeitspflicht für Geflüchtete: Arbeit oder Pflicht, schon wieder

Die Debatte um Arbeitspflichten gab es schon einmal: Bei den Ein-Euro-Jobs. Das ging nicht so gut aus. Das wird bei Geflüchteten nicht anders sein.

Ein Mann in orangener Arbeitskleidung fegt die Straße.

Könnte das nicht auch ein Geflüchteter machen? Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Verflixt, ich hätte doch darauf wetten sollen. Darauf, dass auf eine hohle, populistische Debatte (Bezahlkarten) zwangsläufig die nächste folgt (Arbeitspflicht). Erinnert sich eigentlich noch jemand daran, dass wir das alles schon einmal hatten? Als es um die sogenannten Arbeitsgelegenheiten vulgo Ein-Euro-Jobs ging?

Damals wie heute gab es diese schräge Mischung aus Ressentiment (sollen gefälligst was tun für ihr Geld) und pädagogisch verbrämten Paternalismus (Tagesstruktur geben, an den Arbeitsmarkt heranführen).

So ganz naiv gedacht, ist das ja auch erst einmal charmant: Da sitzen welche rum, die haben nichts zu tun, die könnten sich doch nützlich machen für die Gemeinschaft, damit geht es am Ende allen besser. Es war dann aber am Ende gar nicht so einfach, dieses gemeinnützige Etwas zu finden.

Im Moment denkt man natürlich zuerst an die Arbeiten in der Flüchtlingsunterkunft selbst. Es ist nur so: Damit kriegt man gar nicht alle beschäftigt. Dafür reichen eigentlich die, die sich freiwillig melden. So oft muss man den Flur halt auch nicht wischen.

Jobs, die möglichst weit vom Arbeitsmarkt entfernt waren

Nun ja, dachte man sich damals bei den 1-Euro-Jobs, aber die könnten doch auch mal ein Klassenzimmer streichen oder den Park auf Vordermann bringen. Das wiederum fanden die örtlichen Malermeister und Gärtner, die damit bisher Geld verdienten, nicht so gut.

Also richtete man es so ein, dass diese Ein-Euro-Jobs erst einer umfassenden bürokratischen Überprüfung unterzogen werden mussten, damit sie auch ganz sicher als gemeinnützig gelten durften und niemandem irgendwas wegnahmen.

Ein Treppenwitz: Das Instrument, mit dem man Leute angeblich für den Arbeitsmarkt befähigen wollte, durfte nur Jobs beinhalten, die möglichst weit vom regulären Arbeitsmarkt weg waren.

Ein weiteres Problem, warum die meisten Städte und Gemeinden von diesem Instrument nicht sonderlich begeistert waren: Irgendwer musste diese Arbeitseinsätze ja auch koordinieren, anleiten und beaufsichtigen.

Da kommt man halt schnell an seine Grenzen, weil man ja weite Teile der 90er Jahre damit verbracht hatte, alles, was mit soliden handwerklichen Tätigkeiten zu tun hatte, outzusourcen oder in Tochterfirmen zu verklappen – um stattdessen in den öffentlichen Verwaltungen mehr Arbeitsplätze für Juristen zu schaffen, die sich mit Ausschreibungen befassen.

Wie wäre es denn mit Arbeitserlaubnissen statt Pflichten?

Festzuhalten bleibt: Man hat sich damals mit großer Inbrunst gestritten, ob diese Art von mittelbarer Zwangsarbeit nun gut oder schlecht sei, es ging dabei immer sehr um Affekte und das (teilweise desaströse) Menschenbild der politisch Handelnden und ihres Wahlvolkes. In der Praxis erwies sich das Instrument dann relativ schnell als untauglich.

Mal eine verwegene Idee: Wenn es wirklich darum geht, geflüchteten Menschen eine Tagesstruktur zu geben und sie für den Arbeitsmarkt fit zu machen, wie wäre es mit flächendeckendem, professionellem Deutschunterricht von Tag 1 an?

Auch für die, die vielleicht nicht bleiben dürfen? Wäre das so schlimm, wenn die um ein paar Sprach- und Landeskenntnisse reicher sind, wenn sie gehen? Man könnte das ja auch als Investition in internationale Beziehungen oder Entwicklungshilfe betrachten? Aber nee, schon klar, alles viel zu teuer, wir haben ja auch nicht genug Lehrer.

Wie wäre es dann wenigstens mit großzügig erteilten Arbeitserlaubnissen? Wie wäre das, wenn man einfach erst einmal jeden, der will, arbeiten lässt, bevor man über eine Arbeitspflicht redet? Ja, nee, ähm, das geht nicht so einfach. Am Ende denken die noch, dass sei hier ein freies Land.

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Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020

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