Die Wahrheit: Aus für die Betongriechen

Dramatische Lösung der Eurokrise. Griechen müssen Euro 2012 verlassen. Deutschland im Viertelfinale gegen Russland.

Das Tor zuzumauern ist das einzige fußballerische Mittel, das die griechischen Betonköpfe beherrschen. Bild: ap

Der Jubel der Griechen über den Einzug ihrer Fußball-Nationalmannschaft ins Viertelfinale der EM währte gerade mal 24 Stunden – als klar war, dass der Gegner Deutschland heißen würde, dämmerte den Hellenen, dass sie sich zu früh gefreut hatten.

Noch während am Fuße der Akropolis die letzten Retsina-Fässer geleert wurden, wurde in Brüssel von einer Troika aus Uefa, Weltfußballdatenbank und Internationalem Deckungsfonds ein Komplott geschmiedet, das die kühnsten Träume der sorglos feiernden Griechen platzen ließ wie die Schwimmblase eines Zackenbarschs beim Dynamitfischen.

Zwar konnte Bundeskanzlerin Merkel nicht umhin, der griechischen Mannschaft vorbildliche Haushaltsdisziplin zu attestieren: ein Sieg, ein Unentschieden und eine Niederlage und ein Torverhältnis von 3:3 – ausgeglichener geht’s wirklich nicht. Doch angesichts der drückenden Schuldenlast des Landes entschied die Troika, die erzielten Tore und Punkte der Griechen mit sofortiger Wirkung einzuziehen und mit ihren internationalen Verbindlichkeiten zu verrechnen.

So grausam kann Fußball sein – nach vollzogener Transaktion steht Hellas mit 0 Toren und 0 Punkten als Schlusslicht der Gruppe A fest und muss trotz des sportlichen Erfolgs die Heimreise antreten. Schwacher Trost: Die Schuldenlast des Landes hat sich durch die Anrechnung immerhin um beträchtliche 33 Millionen Euro verringert.

Uefa-Präsident Michel Platini verteidigt die harte Maßnahme: „Es kann einfach nicht sein, dass ein Land sich auf Kosten anderer durch die Euro mogelt. Dass jetzt die Fußballer für die Schuldenmacherei der Politik geradestehen müssen, ist zwar bedauerlich, aber der Sport existiert nun mal nicht im luftleeren Raum.“

Große Gewinner der Entscheidung sind die Russen, die als Nachrücker das Viertelfinale gegen die Deutschen austragen dürfen und sich schon mit einer großzügigen Spende aus der Hand eines Oligarchen bei Platini bedankt haben.

Natürlich sind nicht nur die Griechen von den tiefen Einschnitten der Troika betroffen. Anderen Euro-Sorgenkindern droht das gleiche Schicksal. Während sich Trapattonis Iren freiwillig aus dem Turnier verabschiedeten, meint der hochverschuldete Portugiese, sich mit dem Sieg über die Niederlande aus der Bredouille gerettet zu haben. „Die deutsche Leistungsbereitschaft ist nicht unendlich“, kommentierte Angela Merkel das freche Vorrücken der Iberer auf Tabellenplatz zwei. „Da kann sich Ronaldo noch so viel Gel ins Haar schmieren, da kann er noch so viele Tore schießen – bevor der portugiesische Haushalt nicht grundlegend saniert ist, kommt ein weiterer Verbleib im Turnier überhaupt nicht in Frage.“

Solche Aussagen sind es, die in den Krisenländern für Bestürzung sorgen. Fußball als Ablenkung von den Sorgen und Nöten des Alltags, das war einmal. In der heutigen Krise wird von den Entscheidungsträgern auch der Sport als Teil der gesellschaftlichen Gesamtsituation begriffen – und in Haftung genommen. Das gilt selbstverständlich auch für den jüngsten Problemfall unter den Euroländern, Spanien. Die Bundeskanzlerin vertritt auch gegenüber den stolzen Toreros ihre harte Linie: „Immer nur Tiki-Taka, Tiki-Taka, das kann doch auf Dauer nicht gutgehen. Davon werden doch nicht die spanischen Banken gesund. Ich rate also den Herren Iniesta, Xavi und Co., einmal in sich zu gehen und sich um die wirklich wichtigen Probleme ihres Landes zu kümmern.“

Wie es aussieht, wollen die kerngesunden Kerneuropäer also mit allen Mitteln verhindern, dass ein unverantwortlich wirtschaftendes Land wie Spanien weiter am Turnier teilnimmt, am Ende gar Europameister wird und so der ganzen Welt ein falsches Signal gibt.

Ein Gutes hat der Ausschluss der Problemländer aus der EM aber – so bleiben uns Bild-Überschriften wie „Pleitegriechen locken Deutschland in die Flokatifalle“ in jedem Fall erspart.

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kari

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