Geheimer Bericht zum Neonazitrio: Hilfesuche beim NPD-Vorstand

Das Thüringer LKA hat schon 1998 mehrere vermutete Unterstützer des späteren Neonazi-Trios überwacht. Auch unter NPD-Politikern wurde nach Möglichkeiten gesucht, dem Terrortrio zu helfen.

Was wusste die NPD von den Untergetauchten? Bild: dpa

ERFURT dapd/taz | Das Thüringer Landeskriminalamt hat nach dem Untertauchen des Neonazi-Trios aus Jena im Januar 1998 offenbar mehrere mutmaßliche Unterstützer im Visier gehabt. Wie der MDR Thüringen am Dienstag unter Berufung auf einen aktuellen Geheimbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz berichtet, hat das Landeskriminalamt (LKA) im September 1998 den sächsischen Sektionschef der inzwischen verbotenen Neonaziorganisation "Blood&Honour" telefonisch überwacht. Dieser sei verdächtigt worden, Waffen für das untergetauchte Trio zu besorgen.

Weiter heißt es, dass dem LKA im April 2000 die Information vorgelegen habe, wonach der Rechtsterrorist Uwe Böhnhardt Kontakte zu "Blood&Honour"-Aktivisten in Chemnitz aufgenommen habe. Die Erkenntnisse stammten aus mitgehörten Gesprächen von mindestens drei führenden sächsischen Neonazis.

Laut dem Bericht habe es nach dem Untertauchen des Trios Hinweise gegeben, dass es sich 1998 in Jena und Umgebung aufgehalten haben könnte. Unter anderem seien Kontaktmänner und auch Mundlos' Vater beobachtet worden. Weiter heißt es, dass auch Mitglieder des "Thüringer Heimatschutzes" versucht haben, den drei Untergetauchten zu helfen.

Unter anderem soll sich André K. mit dem NPD-Bundesvorstandsmitglied Frank Schwerdt in Berlin getroffen haben, um sich angeblich über Hilfe für die drei Flüchtigen zu verständigen. Im April 2000 habe es dann Informationen gegeben, dass Böhnhardt Kontakte zu "Blood&Honour"-Aktivisten in Raum Chemnitz aufgenommen habe.

Konspiratives Versteck in Dresden

Aus dem Bericht geht laut MDR Thüringen zudem hervor, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz im Juni 1998 über ein "konspiratives Versteck im Großraum Dresden" informierte. Bei der Weitergabe der Information an das Thüringer LKA sei diese aber mit dem Hinweis, das "Objekt diene als Versteck für CD-Lager und es seien keine Exekutivmaßnahmen von Thüringen notwendig", versehen worden.

Laut dem Sender umfasst das vorliegende Exemplar des Berichts 24 Seiten und bleibt bis Ende 2041 unter Verschluss. Die Papiere seien auf den 12. November 2011 datiert. Acht Tage zuvor waren die Leichen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in einem Wohnmobil in Eisenach aufgefunden worden. Am selben Tag hatte Beate Zschäpe in Zwickau die Wohnung des Trios in Brand gesetzt. Der Bericht enthalte alle Akten der verschiedenen Verfassungsschutzämter, die damals an der Suche beteiligt waren.

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