die wahrheit: Wenn Huchen fluchen

Verschwörungen: Julian Assange und der Fisch des Jahres 1994.

Die Verschwörung um Julian Assange zieht immer weitere Kreise - bekanntlich strotzt sie nur so vor politischen Verstrickungen, vernetzten Datenskandalen und juristischen Eiertänzen. Doch die Wahrheit liegt im Grunde viel tiefer, genau genommen unter der Wasseroberfläche. Aber der Reihe nach: Alles begann 1994, just in dem Jahr als die "Nase" (Chondrostoma nasus), auch Näsling, Schnabel oder Blaunase genannt, zum Fisch des Jahres gekürt wurde und damit in die Flossenstapfen von Elritze, Groppe und Schlammpeitzger trat.

Julian Assange saß zu dieser Zeit in einem leeren, dunklen Raum und blickte ins fahle Licht seines Computermonitors. Er hackte ein paar Zeilen kryptischen Codes in die Tastatur und grinste dabei spitzbübisch. Dann warf er ruckartig sein strohiges Haupthaar zurück, welches er gerade erst in der Tarnfarbe Albinocreme-Metallic getönt hatte und rief glucksend: "#! argument! Last calling the binary!" Ein hohles Lachen entwand sich seiner Kehle und prallte an den kahlen Wänden ab. Es klang alles sehr verdächtig nach Rache. Julian Assange war in seiner Heimat Australien gerade erst in 24 Fällen des illegalen Hackens für schuldig befunden und zu einem Bußgeld in Höhe von 2.100 australischen Dollar sowie Bewährung verurteilt worden.

Assange muss sehr aufgebracht und zu allem bereit gewesen sein, als sein Computer plötzlich "Pling" machte und den Empfang einer neuen E-Mail-Nachricht verkündete. Sie kam von einem gewissen Fred Blonder, seines Zeichens Gewinner des Nasa-Preises, und der E-Mail-Adresse nach zu urteilen auch Mitarbeiter dieser Weltraumorganisation - denn schließlich liefen die Nachrichten zwischen Assange und Blonder über eine Adresse mit der Endung "nasirc.hq.nasa.gov". Es kam wie es kommen musste: In den folgenden Mails machte man Assange ein ausgesprochen lukratives Angebot, bei dem er seine Hacker-Erfahrung endlich sinnvoll nutzen sollte.

Die Nase schwamm derweil fröhlich und vergnügt durchs Wasser und weidete mit ihrem harten Unterkiefer und ihrer scharfen Unterlippe ein paar Algen ab. Als Nachtisch verspeiste sie auch einige Kleintiere, die sich gerade am Grund aufhielten. Da machte es plötzlich "Pling" und auch die Nase bekam eine neue E-Mail. Sie war vom Verband Deutscher Sportfischer e.V. (VDSF) und informierte die völlig baffe Chondrostoma, dass sie zum Fisch des Jahres 1994 gewählt worden war. Fast blieb der Nase ein kleiner Krebs zwischen den Kiemen stecken, als sie das las. Sofort schwamm sie los, um die überraschende Neuigkeit ihrer besten Freundin, der Bachschmerle, zu erzählen. Nie zuvor war ein Mitglied der Familie der Karpfenfische so weit in der Hierarchie der Wasserbewohner emporgeschwommen. Sogleich rief dies natürlich auch Neider auf den Plan: Bitterling und Aal ließen keine Gelegenheit aus, um die Nase mieszumachen - und nicht einer der Huchen ließ das Fluchen.

Julian Assange war nur Minuten zuvor in der örtlichen Eselsmilchsauna eingetroffen, wo er einen Termin zur Gesichtsbleichung wahrnahm. Kaum hatte es sich im Evaporator bequem gemacht, da traf ihn ein Geistesblitz. "Damn!", rief er dem erschrockenen Beauty-Operator zu, "The ,#!' exec-hack does not work recursively!" Assange sprang auf und rannte direkt aus dem Wellnesscenter durch die halbe Stadt bis nach Hause. Er musste jegliche Verbindung zwischen ihm und der Nasa aus dem digitalen Gedächtnis tilgen. Was hatte er sich nur dabei gedacht, es war viel zu naheliegend. Außerdem war er auf Bewährung! Er begann die Sache rekursiv anzugehen: Assange, Nasa, Gas, Nase, Assange, Gas, Nase. Ihm wurde schwindelig. Wo war der Ausweg? Wohin mit all den Daten? Da traf ihn der Geistesblitz erneut.

Der Server des Verbands Deutscher Sportfischer war so gut wie gar nicht gesichert und konnte der fiesen Hacker-Attacke von Assange nichts entgegensetzen. Sämtliche Abstimmungsergebnisse der geheimen Wahl zum Fisch des Jahres waren urplötzlich gelöscht und mit Nasa-Daten überschrieben. Nur ein einfacher Tippfehler bewahrte auch den letzten Fisch davor, aus der Datenbank gelöscht zu werden: Glück für die Nase! Denn so begab es sich, dass ein 25 bis 40 Zentimeter großer und bis zu 1.000 Gramm schwerer Karpfenfisch, den vorher niemand kannte, über Nacht berühmt wurde.

Julian Assange lehnte sich derweil entspannt hinter seinem flimmernden Monitor zurück und war vollends glücklich in der Gewissheit, wieder einmal die Welt gerettet zu haben.

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kari

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