die wahrheit: Das Erbe der Ruine

Schatzgräber im Allgäu: Auf der Suche nach dem verlorenen Nazigold.

PFRONTEN taz | Ein fast mystischer Platz ist Deutschlands höchstgelegene Burgruine Falkenstein. Seine Majestät der Märchenkönig Ludwig II., in Bayern noch immer hochverehrt, kaufte 1883 die Ruine. Er ließ sie zwei Jahre später mit einer Wasserleitung und einem neuen Burgweg versehen. Genau hier wollte er sein "Schloss Falkenstein" errichten, ganz nach dem Vorbild von Neuschwanstein, das nur ein paar Kilometer entfernt gebaut wurde. Doch zur Verwirklichung kam es nicht, obgleich schon Pläne gezeichnet waren. Denn noch vor Beginn der Umsetzung verschied Ludwig II. im Starnberger See.

Dass die Geheimniskrämerei um Burg Falkenstein bis heute anhält, zeigen ein paar Vorfälle aus jüngster Zeit. Regelrecht geblendet von einem vermeintlich im Allgäu vergrabenen Goldschatz, sind zwei österreichische Schatzsucher fünf Mal in ein und denselben Feldstadel bei Pfronten eingebrochen und haben zu graben begonnen. Unterhalb der geheimnisumwitterten Allgäuer Burgruine auf dem 1.277 Meter hohen Falkenstein sind sie immer wieder in der Dunkelheit aktiv geworden.

Die Einbrecher hebelten die versperrte schwere Holztüre auf. Dann stellten sie fein säuberlich alles zur Seite und begannen damit, die schweren Bodenplatten herauszureißen. Die Staatsanwaltschaft Kempten bestätigte auf Anfrage, dass ein "Ermittlungsverfahren gegen zwei Beschuldigte wegen des Verdachts des versuchten Diebstahls, des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung sowie des Verdachts der Beihilfe zu diesen Delikten" geführt wird.

Das ist nur deshalb möglich, weil "wir sie beim letzten Mal auf frischer Tat ertappt haben", freut sich Stadelbesitzer Hubert Haf. Zwei 34 und 39 Jahre alte Männer aus Österreich konnten schließlich von der Pfrontener Polizei geschnappt werden. "Wir haben sie auf dem Bewegungsmelder draufgehabt, der mit dem Handy gekoppelt war", schmunzelt der Ur-Allgäuer. Mit Technik kennt sich der Solarexperte aus. "Wir haben umgehend die Polizei verständigt, die kam dann mit drei Streifenwagen." Einen der zwei Einbrecher haben sie gleich unterhalb des Stadels verhaftet. Der zweite Täter entkam, stellte sich aber später der Polizei.

Die Goldgräber aus dem Nachbarland waren auf Schatzsuche. Das gaben die zwei Herrschaften zu und sie bestätigten, dass sie dem angeblich hier versteckten Nazigold nachjagen. Das Gerücht um einen Goldschatz der SS hält sich hartnäckig. Hubert Haf berichtet von Scharen von Schatzsuchern, die sehr zum Leidwesen der Bauern oft auch die Wiesen aufgraben würden. "Aber unser Stadel ist erst 1975 erbaut worden, da ist nichts drunter." Um das zu belegen und ein für alle Male Ruhe vor solchen Grabewütigen zu haben, hat sein Sohn einen der beiden Österreicher unter Aufsicht noch einmal ganz offiziell in seinem Schuppen graben lassen. Der Mann hatte laut Haf versprochen, den Schaden von knapp 3.000 Euro zu begleichen. Doch nach dem erfolglosen Graben unter Aufsicht mochte sich der Herr aus dem Nachbarland nicht mehr an seine Zusage erinnern. So landete die Sache bei einem Anwalt. Neben den strafrechtlichen Ermittlungen haben die beiden Einbrecher nun auch noch einen Zivilprozess zu erwarten.

Doch die Sache mit dem vermeintlichen Nazigold ist damit noch längst nicht vom Tisch. Denn Hubert Haf weiß, dass die Gerüchte und die wilden Geschichten über das "Gold vom Falkenstein" nicht verstummen werden. Er selbst kann sich noch erinnern, dass sogar mal der Bundesgrenzschutz vier bis sechs Wochen lang da war und nach dem Nazigold gegraben hat, versichert er. Man erzählt sich, dass die Route mit dem Gold bis Kempten dokumentiert sei, sich dann aber die Spur verliert. "Von Ende 1944 bis Anfang 1945 war der Falkenstein von der SS komplett gesperrt worden."

Beim BGS-Nachfolger, der Bundespolizei, lässt sich diese Angabe nicht ohne weiteres überprüfen. Ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München teilte nach ersten Recherchen im Haus mit, dass "bislang keine Bestätigung zu bekommen war". Das Problem sei einfach die lange Zeitspanne. Im aktiven Dienst gebe es keine Kollegen mehr, die das noch wissen könnten. Aber der Sprecher sagte weitere Nachforschungen zu, ließ aber durchblicken, dass diese nicht sonderlich vielversprechend sein dürften.

Vom renommierten Heimatkundler Bertold Pölcher ist zu hören, dass es uralte Geschichten um das Gold vom Falkenstein gibt, die längst vor der Nazizeit die Schatzsucher auf Trab hielten. Er hat sogar ein Gedicht aus der Zeit um 1850 ausfindig gemacht, in dem es darum geht, dass zwei Pfrontener einen anderen Herrn aus der Gemeinde reingelegt haben, als dieser partout nicht vom Schatzsuchen ablassen wollte. Sogar ein Spottgedicht ist so Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden.

Bedenkt man all dies, dann relativiert sich leider die Hoffnung von Hubert Haf und seinem Sohn, "dass dieses verrückte Graben endlich vorbei ist, nachdem jetzt mehrmals unser Hüttenboden umgegraben wurde".

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kari

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