die wahrheit: Regierungsstab der Liebe

Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Gefangen im Zwangskorsett der Etikette.

Eigentlich sind der Première Dame Kinder zu viel, und sie will ihr Ruhe haben, aber für die Presse... Bild: ap

Mon cher journal intime …

Dienstag, 29. 4. 2008

Ich weiß nicht, mein liebes Tagebuch, ob es Dir aufgefallen ist - ich habe seit zwei Wochen nichts von Eric (Clapton, Anm. d. Red.) geschrieben. Ich hatte über diesen Umstand jubeln wollen. Hatte mir vorgenommen, Eric endlich, endlich links liegen zu lassen, ihn zu ignorieren und seine schlechte, weil kranke Energie nicht länger in mein Leben hineinzulassen. Nun merke ich, wie traurig es mich doch macht. Wie sehr ich mit diesem Mann fühle, den ich zwei Wochen missachtet habe. Ein einsamer Mann in der einsamen Zelle einer französischen Psychiatrie. Wenn ich ehrlich bin, rührt mich das doch sehr an. Nicht, weil er da sitzt, sondern weil es auch mein eigenes Schicksal ist. Meine Situation ist doch kaum anders als seine: völlig isoliert. Eingekerkert in den jahrhundertealten Mauern der Grande Nation. Nur habe ich mir mein Schicksal selbst gewählt, ich dumme Pute.

Mittwoch, 30. 4. 2008

Heute Morgen - ich sitze jetzt morgens für ein, zwei Stunden in der Frühlingssonne, ich habe ja sonst nichts zu tun - war da wieder dieser junge Gärtner. Ich habe ihn schon ein paar Mal gesehen. Ein hübscher Bursche, Anfang dreißig vielleicht. Er grüßt immer sehr freundlich und schenkt mir ein bezauberndes Lächeln. Letzte Woche hatte er mich bereits einmal angesprochen, heute kam er und brachte mir eine wunderschöne Kamelienblüte. "Pour la belle de jour", sagte er. Ich wurde ganz rot! Wie ein Teenager!

Natürlich musste ich an den Film mit Catherine Deneuve denken. Ich blickte in seine Augen und fühlte mich so erkannt! Ich, die schöne Unglückliche. Gefangen im Zwangskorsett der Etikette. Auch ich unterdrücke meine ungestüme Leidenschaft, die dunkle, aufregende Seite meiner Identität. Am liebsten hätte ich gesagt: Entfessle mich, befreie mich, mach mich zu deiner Hure! Hole mein wahres Ich hervor, bitte, bitte quäle mich mit deiner Liebe, aber lass mich nur lebendig sein!

Ich muss so ewig lang vor mich hin gedacht haben, denn als ich wieder aufblickte, war Joseph, so heißt er, bereits wieder am Ende des Parks angelangt.

Donnerstag, 1. 5. 2008

Bonjour tristesse! Es ist noch früh am Morgen, und ich bin bereits niedergeschlagen. Das Einzige, das mir noch etwas Leben einhauchen kann, sind Gedanken an Sex. Später kommt einer von Nicis Image-Beratern. Wir wollen über mein Ehrenamt sprechen. Ich! Ehrenamt! Was soll das sein? Plätzchenbacken für Diplomaten mit Schlaganfall? Dem Innenministerium bei der Kärcher-Ausgabe helfen?

Freitag, 2. 5. 2008

Ich habe Nici beim Coach angemeldet. So geht das nicht weiter. Er braucht dringend jemanden, der ihm dieses Louis-de-Funès-Gebaren austreibt. Seit er auf dem G-8-Gipfel besoffen war, hat er nicht mehr so einen peinlichen Auftritt gehabt wie bei der Verleihung des Karlspreises. Ein Gefratze und Getue! Und dann dieses "Angela, ich liebe Sie"-Gekaspere.

Was ein Glück, dass ich nicht dabei war. Nicht nur, dass ich kaum gewusst hätte, wie ich den Demonstranten hätte entgegentreten sollen, mit meinem linken Herzen, das so unerkannt unter dem Kaschmirmantel der Bourgeoisie schlägt … Nein, ich hätte auch kaum diese Schmach ertragen, danebenzustehen, wenn mein Ehemann so tut, als sei ausgerechnet Frau Merkel eine mögliche Wahl. Ich meine, das muss man sich nur mal vorstellen! Allein die Frage, wer oben liegt!

Samstag, 3. 5. 2008

Es ist Wochenende. Schon wieder. Schon wieder sind die Kinder hier. Alle wollen grillen. Mir ist das zu viel, ich möchte einfach nur meine Ruhe haben und bin in meinen Salon gegangen. Nici lässt gerade den Grill von Michel Bras aus Laguiole (ein bekannter Sternekoch, Anm d. Red.) einfliegen. Dass er auch immer um alles so ein Gedöns machen muss.

Montag, 5. 5. 2008

Liebes Tagebuch, warum gerate ich immer an Kerle, die sich einbilden, dass es heiß sei, wenn sie ihren Penis mit Namen anreden? Oder wollen, dass die Frau es tut? Das ist genau so ein Schwachsinn wie die Behauptung, Frauen wären wild aufs Blasen.

Wenn es einen Grund gibt, dass Frauen das tun, dann, weil es einer der wenigen Momente ist, wo man Männer wirklich zu fassen bekommt. Wo sie wimmern und jammern und ganz in unserer Hand sind. Also, im übertragenen Sinne. Aber wie soll ich einen Mann ernst nehmen, der mich fragt, ob ich mal den Regierungsstab Frankreichs anfassen wolle? Ich bin ja einiges gewohnt. Von Donald (Trump, Anm. d. Red.) zum Beispiel, der immer meinte, ich solle doch mal das Licht in seinem Trump-Tower anknipsen, von Mick (Jagger, Anm. der. Red.), der sein Ding "Lady Jane" nennt, oder Eric, der immer kam, wenn ich rief: "O Clapton, mein Clapton!" Was sich Nicis Sohn Jean jetzt aber geleistet hat, schlägt dem Fass den Boden aus! Nicht nur, dass es seinem Vater gegenüber eine Frechheit ist, mich so anzugehen. Es ist auch so amtsanmaßend! Das Jüngelchen hat es ja noch nicht einmal zum Bürgermeister gebracht!

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Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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